Swen Lauer | Deutsche Kapstädter im Interview

10 Fragen an Swen Lauer

Swen Lauer ist ein alter Hase im Mountainbike Business, seit 2006 rockt er die Singletrails in Kapstadt und trainiert Top-Athleten und Township-Kinder

1) Hallo Swen stelle dich doch bitte kurz vor.
Also geboren bin ich 1968 in Frankfurt am Main, dort in Hessen zur Schule gegangen, habe dann eine Ausbildung zum Werkzeugmacher absolviert. Danach habe ich für eine Zeit lang gearbeitet, die Prüfung als Maschinenbautechniker abgelegt und Industriedesign in Darmstadt studiert. Seit 1993 hatte ich dann meine eigene Entwicklungsfirma namens 'Pure Power Bicycles' und habe BMX-Räder, Mountainbikes und Prototypen für die Automobilindustrie hergestellt. Die Firma habe ich 2001 verkauft, aber ich arbeite als Freelancer immer noch für Gott und die Welt. Seit 2007 betreibe ich das professionelle Coaching und baue gerade meine eigene Mountainbike Schule auf. 

2) Wie bist du auf die Fahrradschiene gekommen und wie lange fährst du selbst schon Mountainbike?
Ich wollte als Kind bereits immer ein Fahrrad bauen. Und dann hat mir mein Vater mit zehn Jahren das Schweißen beigebracht und dann habe ich selbst einen Rahmen geschweißt, aus verschiedenen Rahmenteilen, die ich vorher auseinandergesägt habe und dann eben wieder zusammengesetzt habe. Damals haben wir zum Beispiel von einem Bonanza Rad die Gabel verlängert und eigentlich basiert meine ganze Ausbildung nur auf der Zukunft Fahrrad. Ich selbst fahre seit 1993 professionell Mountainbike, habe aber schon 1981 mit BMX Rennen begonnen. 2009 habe ich die MTN South African National Series gewonnen. Man sollte also davon ausgehen, dass ich noch fahren kann.

3) Wann bist du nach Kapstadt gekommen?
Das erste Mal war ich 2003 hier und seit 2006 wohne ich auch hier. Also noch nicht so lange, aber ich fühle mich hier recht wohl. 

4) Warum bist du nach Kapstadt gekommen?
Ja, weil hier so geiles Wetter ist! Ursprünglich bin ich durch einen Freund von mir, der Südafrikaner ist, hierhergeschleppt worden. Ich wollte zuerst nicht kommen, weil ich mir, wie alle anderen auch, Gedanken wegen der Kriminalität gemacht habe. Es hat mich aber nicht abgeschreckt und dadurch, dass mein Kumpel ein Einheimischer war, war dann doch alles recht einfach. Also sind wir zu zweit mit den Fahrrädern angekommen um hier Fahrrad zu fahren und wussten nicht wirklich, was eigentlich hier abgeht. Da sind wir dann in Tokai, Kapstadt und dann in ganz Western Cape gefahren und habe dann festgestellt, dass das hier der Platz ist, wo du als Fahrradfahrer einfach sein musst. Denn es gibt kein anderes Land, das so vielfältig ist.

5) Wenn du dir wegen der Kriminalität Gedanken gemacht hast, wie hast du es hier Vorort empfunden?
Das erste Problem ist ja, dass du hier ankommst und alles ist schwarz! Das ist das Einzige was dich in dem Gedankengang beeinflusst. Weil es neu ist! Ich meine es sind ja nicht alle kriminell, allerhöchstens ein Prozent. Wenn man sich das dann überlegt, war ich dann gedanklich relativ schnell sorgenfrei.

6) Wie fühlst du dich hinter Elektrozäunen?
Das gehört einfach dazu. Für mich ist das akzeptabel. Und je weiter du aus Kapstadt rausfährst, desto niedriger und weniger werden ja auch die Zäune und zudem gibt es hier Menschen auch in Kapstadt die überhaupt keine Zäune haben. Das andere Thema ist halt auch, dass sich die Südafrikaner alle nicht richtig schützen, die quengeln alle und haben hohe Zäune, aber wenn du mal über den Zaun drüber bist, dann bist du innerhalb von zwei Sekunden im Haus drin. Also würden die sich besser schützen bräuchten die auch nicht die hohen Zäune. Nur zum Beispiel, als ich mal den Schlüssel von meiner Cottage verloren habe, da war ich innerhalb von Sekunden in meiner Cottage drin. Keiner hat etwas gesehen und keiner hat etwas gehört, ich meine wie geht das? In Deutschland da kannst du nicht so schnell einbrechen, da musst du erst mal eine Scheibe einschlagen, hier brauchst du nur einen Schraubenzieher und schon bist du im Haus drin. Das ist das Konträre dabei, einerseits schützen sie sich mit hohen Mauern, andererseits haben sie dann Plastikfenster oder die Tür lässt sich aus dem Rahmen hebeln.

7) Wie du gesagt hast, fühlst du dich ja relativ wohl hier, willst du für immer hier bleiben?
Also ich bin nicht derjenige, der ausgewandert ist, ich wohne einfach nur hier. Mit Auswandern verbinde ich immer diese Fernsehsendungen. Für mich ist die Welt einfach ein Ding! Wenn ich auf Kapstadt keinen Bock mehr habe, dann gehe ich woanders hin. Ich arbeite ja auch in Simbabwe und demnächst bin ich wieder in Hongkong und wenn es mir da gefällt dann bleibe ich einfach dort.

8) Wie hast du mit dem Mountainbike Coaching angefangen?
Das Ganze hat mit dem 'Velokhaya' BMX Projekt in Khayelitsha, Site C, angefangen. Fünf Tage die Woche habe ich von mittags bis abends fast zwei Jahre im Township verbracht, mit den knapp 30 Kindern ein technisches Training gemacht und auch an Wochenenden Wettkämpfe mit vorbereitet. Heute sind es weitaus mehr als 30 Kinder und grundsätzlich konnten theoretisch alle Kinder aus Khayelitsha zum Training kommen. Ich habe den Kindern aber auch Disziplin gelehrt, darauf geachtet, dass sie in die Schule gegangen sind und ich habe mit den Lehrern geredet, was los war. Wir haben Regeln eingeführt, wie zum Beispiel keine Waffen mitbringen, anstellen, warten und Hand-Heben, einfache Basics. Die besonders Talentierten, fünf davon, habe ich auch auf Wettkämpfe vorbereitet, wobei ein Mädchen davon auf der Weltmeisterschaft hier in Südafrika letztes Jahr Sechste geworden ist. Das ist natürlich für Kinder traumhaft, da rentiert sich die Arbeit auch. Und die Kinder sind für ein paar Stunden sicher. Dann später habe ich angefangen mich durch die ganzen Wissenschaften des Coachings und Performance-Training zu lesen und habe Kurse und Lehrgänge besucht. 2010 habe ich bei der UCI, ein Verband so ähnlich, wie die FIFA, bloß für die Fahrradfahrer, eine Ausbildung über zweieinhalb Monate als High-Performance Coach absolviert. Das ist eine spezielle Ausbildung für BMX und Mountainbike und ich bin einer der weltweit ersten fünf von der UCI zertifizierten Coaches, womit ich jetzt auch Top-Athleten wie Lance Armstrong trainieren kann.

9) Seit 2007 betreibst du das professionelle Mountainbike Coaching, wer trainiert bei dir?
Ich trainiere Anfänger und professionelle Athleten. Ich habe zum Beispiel mit David Georg, Ischen Stopforth und Hilana Marais gearbeitet. Alles top südafrikanische Fahrer. Dave ist wohl der Bekannteste, Ischen wurde dieses Jahr dritte beim Absa Cape Epic Rennen und Hilana gewann die South African Mountainbike Championship. Aber grundsätzlich kann jeder bei mir trainieren. Letzte Woche habe ich erst ein Training mit einer 72-jährigen Renterin gemacht.

10) Die schönste Mountainbike-Strecke in der Kapstädter Umgebung?
Zum Technik-Training ist der Tokai Mountain Biking Trail optimal, aber für einen Anfänger ist das schon eher schwierig, weil es aufgrund des Anstiegs recht anstrengend ist. Jonkershoek bei Stellenbosch ist der absolute Heaven! Oakvalley und Wellington sind für alle perfekt zum Fahren.

Das Interview führte Julian Friesinger. 


Swen Lauer
Kapstadt | +27 (0)72 550 7549 | www.swenlauer.com | mail@swenlauer.com

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