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Autor, Vertretungspriester, Kreuzfahrtseelsorger: Stefan Hippler ist immer unterwegs und tut, was er liebt.
Sein größtes Herzensprojekt: HOPE Cape Town. Seine Mission: Hilfe für HIV-positive Menschen. Seine Vision: Mehr Mitmenschlichkeit. Der 58-Jährige lebt seit vielen Jahren in Kapstadt und bringt mit seiner Hilfsorganisation jede Menge spannender Projekte auf den Weg.
1. Viele unserer Leser fragen sich bestimmt: Wer ist Stefan Hippler?
Ich bin ein katholischer Geistlicher. In die deutsche Gemeinde nach Kapstadt bin ich 1997 entsandt worden. Der Grund dafür war, dass ich mich neben meiner priesterlichen Tätigkeit, auch am Flughafen Frankfurt für unbegleitete minderjährige Flüchtlingskinder beim Sozialdienst engagiert habe. Die Arbeit hat mich frustriert und ich wollte raus aus Deutschland. Mein ursprüngliches Ziel war Mexico, allerdings war die Stelle dort besetzt. Der nächste freie Job war in Kapstadt. Aus ursprünglich drei geplanten sind 21 Jahre geworden, in denen ich als Teil der deutschen Gemeinde am Kap lebe.
2. Was unterscheidet Ihre Tätigkeit in Kapstadt zu der Arbeit in Deutschland?
Das kommt darauf an, welchen Teil meiner Arbeit man sieht: Ich war 12 Jahre Pfarrer für die deutschsprachige Gemeindearbeit am Kap. Hierfür gilt: Die Menschen sind offener im Ausland –neugieriger und mehr ansprechbar. Für Auswanderer, die neu nach Kapstadt kommen, war der erste Kontakt oft die katholische Gemeinde. Diese setzt sich aus ca. einem Drittel der Menschen, die hier in Kapstadt leben, zusammen. Das zweite Drittel ist nur zeitweise in der Mother City, etwa Geschäftsleute. Ein weiteres Drittel kommt und geht – wie Schwalben. Seit 2009 bin ich hier am Kap Pfarrer mit Sonderaufgaben. Unter der Woche arbeite ich mit HOPE Cape Town und beschäftige mich mit HIV und Aids. Am Wochenende helfe ich dort aus, wo Not am Mann ist: Dann vertrete ich Priester in unterschiedlichen Gemeinden.
3. Was war denn bisher die größte Herausforderung am Kap bei diesen vielfältigen Aufgaben?
Obwohl Kapstadt sehr europäisch ist, war die südafrikanische Mentalität anfangs eine große Herausforderung. Im Jahr 2000 kam dann das Thema Aids und HIV in meinen Blickpunkt. Ich wollte helfen, ohne besserwisserisch zu sein und habe mich gefragt, wie man südafrikanische Hilfsarbeit entwickeln kann. Zunächst habe ich viel zugehört und meinen europäischen Verstand ausgeschalten. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist wichtig. Es geht um erfahren, spüren und versuchen zu verstehen, wie die anderen Menschen ticken. Die Leute in Südafrika haben ganz unterschiedliche kulturelle und soziale Hintergründe. Damit einher gehen verschiedene Arten zu denken und auch zu leben. Ich bin jetzt 21 Jahre im Land und fange so langsam an zu verstehen. Man muss vorsichtig sein und auch sehr klein, mit dem was man will.
4. Gibt es denn dann sowas wie einen normalen Arbeitstag?
Es gibt keine normalen Tage. Unterhalb der Woche bin ich vor allem mit den HOPE Cape Town Projekten beschäftigt. Dadurch bin ich auch viel international unterwegs. Hier am Kap sind wir inzwischen ein Team von 36 Kollegen. Wir arbeiten Hand in Hand an unterschiedlichen Aufgaben. Ich helfe beim Marketing sowie Fundraising und erarbeite inhaltliche Schwerpunkte der Hilfsorganisation. Ich bin auch verantwortlich für Besuche und Spenden. Wir haben auch eine Forschungseinrichtung mit der Universität in Stellenbosch. Am Wochenende bin ich Priester und vertrete meine Kollegen in den verschiedensten Gemeinden. Ein bis zwei Mal im Jahr bin ich auf einem Kreuzfahrtschiff Seelsorger. Dann schreibe ich noch Artikel, etwa im Bereich Religionspädagogik. Auch ein Buch ist bereits unter meinem Namen erschienen.
5. Welche aktuellen Projekte haben Sie mit HOPE Cape Town auf den Weg gebracht?
Im Moment sind etwa medizinische Projekte aktuell, aber das waren sie eigentlich auch von Anfang an: Nach Ärzte ohne Grenzen waren wir die zweite Organisation, die hier unten am Kap Kinder mit HIV behandelt hat. Wir arbeiten gemeinsam mit drei Ärzten in Kapstadt. Wir haben eine Nachsorge für Kinder, die hier bei uns im Krankenhaus waren, etabliert. Wir arbeiten nun auch mit Entbindungsstationen. Dort testen wir jede Mutter die ins Krankenhaus kommt auf HIV. Unsere Sozialarbeit und Ergotherapie soll weiter ausgebaut werden. Diese kümmert sich um Kinder, die aus schwierigen Verhältnissen kommen, etwa aus sozial schwachen Familien oder aus einem Drogenumfeld. Auch der Bereich der frühkindlichen Entwicklung wächst. Eine weitere gute Entwicklung ist die Zusammenarbeit mit der Kinderklinik des dritten Ordens in Passau. Wir besprechen gemeinsam via Videotelefonie Fallbeispiele. Der Hintergrund ist hier, dass es nun auch in Deutschland, durch die Immigranten, viel mehr Kinder mit Trauma-Erfahrungen gibt. Aber man darf sich nie auf seinen Lorbeeren ausruhen, sondern man muss immer weiter machen. Wir entwickeln gerade Strategien für die nächsten fünf bis zehn Jahre: Neben HIV und Aids werden der soziale und frühkindliche Bereich auf jeden Fall weiter ausgebaut.
6. Was war denn die ungewöhnlichste Aufgabe hier am Kap?
Für meine priesterliche Tätigkeit: Ich hatte die Gelegenheit, ein christlich-buddhistisches Paar in Kapstadt zu trauen. Das war spannend! Ich habe versucht, Rituale und Traditionen aus beiden Religionen zu vereinbaren und nebeneinander stehen zu lassen. Etwas Ähnliches erwartet mich bald: Ich werde eine muslimisch-christliche Hochzeit in Verona (Italien) assistieren. Ich finde es sehr inspirierend, wenn verschiedene Lebensbereiche zusammen gebracht werden, gerade in der heutigen Zeit.
7. Das klingt sehr außergewöhnlich! Und was macht Sie persönlich glücklich?
In meiner Arbeit kann ich voll und ganz meine Talente einbringen. Ich würde sagen, ich bin eine diplomatische Person, aber ich bin auch ein bisschen dickköpfig! Ich weiß was ich kann und weiß wo meine Grenzen sind. All das, was ich tue, bereitet mir viel Freude – Das ist ein Segen!
8. Wie schlagen Sie Brücken zwischen Deutschland und Südafrika?
Die Brücke ist oftmals nicht leicht zu schlagen. Manchmal habe ich gar das Gefühl, es wird immer schwieriger. Es gilt, Realitäten und Situationen in ein anderes Land zu übertragen. Wenn ich etwa vor einer Schulklasse in Deutschland stehe und die Situation in ärmeren Gegenden hier in Südafrika schildere, ist das fast unmöglich. Die Realitäten der Menschen liegen so weit auseinander, obwohl wir die gleichen Medien nutzen und viele Englisch sprechen. Auch wenn wir dieselben Worte wählen, meinen wir oftmals etwas anderes. Ein Beispiel ist Armut, jeder versteht etwas anderes darunter. Es ist ein Unterschied, ob man irgendwo lebt oder etwas hautnah erleben kann. Viele stehen fassungslos vor der Armut hier in Südafrika. Man kann aber in die Erfahrung miteinander hinein gehen. Dann wählt man seine Worte sorgsam, hört aufmerksamer zu und hinterfragt vielmehr.
9. Wie vereinbart man die unterschiedlichen Perspektiven der katholischen Kirche und der HIV und Aids Präventionsarbeit hier in Südafrika?
Mit Schwierigkeiten. Mein Verhältnis zur katholischen Kirche war nicht immer das Beste. Ich habe nie ein Problem damit gehabt, Moraltheologie anders zu sehen, als so manche andere Bischöfe in Deutschland oder hier in Südafrika. Wenn ich im Bereich HIV und Aids arbeite und viel Leben, Leiden und Sterben sehe, dann ändert sich irgendwann meine Perspektive. Man muss dann eine Entscheidung treffen: Stur seine Lehre hier anzuwenden, hilft den Leuten nicht, weil es nur leere Worte sind. Man kann sich auch dafür entscheiden, die Dinge praktisch zu sehen. Nebenbei gesagt haben wir aber auch zurzeit sowas, wie einen „Franziskus-Effekt“.
10. Letzte Frage: Welchen Ort mögen Sie in Kapstadt besonders?
Da bin ich sehr unentschieden. Ich bin in den letzten 16 Jahren alle zwei Jahre umgezogen. Ich lebe gerade in Parklands und liebe diesen Ort: ganz unterschiedliche Menschen mit verschiedenen Religionen leben hier zusammen. Kinder spielen gemeinsam auf der Straße. Es gibt keine hohen Mauern um Häuser. Es liegt perfekt zwischen Durbanville Wine Road und Blouberg Strand: Beides liegt zehn Minuten entfernt. Das ist gerade mein Ort, weil ich hier zur Ruhe kommen kann.
Von Marie-Kristin Kalich
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