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Eine Tour durch Bo Kaap zeigt bunte Fassaden, alte Kultur und traditionelles Essen. Hier schlägt das Herz des kapmalaiischen Südafrika.
Regenbogennation, so hat Nelson Mandela Südafrika genannt. Und nirgendwo in Kapstadt wird die bunte Vielfalt besser deutlich als in Bo Kaap, einem der ältesten und interessantesten Viertel der Mother City. Die knallbunten Häuser sind das Markenzeichen des Viertel, sie geben den kleinen Straßen ihren ganz besonderen Reiz, der so sonst nirgendwo in Kapstadt zu erleben ist. Trotzdem sind die bunten Fassaden nur sichtbarer Ausdruck der alten Geschichte und Kultur, die in diesem Stadtteil noch lebendig ist. Seit dem 1. April 2019 ist Bo Kaap nun, nach einer mehrjährigen Kampagne unter großer Beteiligung der Anwohner am Abstimmungsprozess, als Teil einer Heritage Protection Overlay Zone (HPOZ) städtisches Kulturerbe und damit vor ehemals geplanten Neu- und Großbauprojekten geschützt.
Bunte Häuser
Rot neben Gelb und Blau, gegenüber Orange zwischen Lila und Grün – wer schon einmal in Bo Kaap war, wird die bunten Fassaden der Häuser so schnell nicht wieder vergessen. Warum die Gebäude so farbenfroh bemalt sind, darum ranken sich einige Legenden: So wollte etwa ein Arzt sein Geschäft ankurbeln und strich sein Haus in Pink, um zwischen allen weißen Häusern leichter gefunden zu werden – den Nachbarn gefiel das allerdings so gut, dass sie gleich auch zum Pinsel griffen. Am wahrscheinlichsten ist allerdings, dass die bunten Fassaden mit den ersten Bewohnern in das Viertel kamen. Seit dem 17. Jahrhundert lebten vor allem Sklaven in diesem Teil Kapstadts, die ausschließlich die Farben Grau und Braun tragen durften. Mit ihrer Befreiung gewannen die Sklaven auch die Farben zurück – ihre bunten Häuser sind bis heute ein Zeichen der wiedergewonnenen Freiheit.
Die bunten Häuser in Bo Kaap sind ein Wahrzeichen
Wer jedes Jahr einmal durch das Viertel spaziert, wird die kleinen Häuser allerdings kaum wiedererkennen. Weil die Sonne die bunten Fassaden so schnell ausbleicht, streichen die Bewohner ihre Häuser jedes Jahr aufs Neue. Wer welche Farbe bekommt, wird in den einzelnen Teilen des Viertels nach Alter vergeben – die ältesten Bewohner dürfen zu erst aussuchen, die Jüngeren zum Schluss. Außerdem ist pro Haus nur eine Farbe erlaubt, bunte Streifen oder Punkte wird man hier also vergeblich suchen.
Die Geschichte des Bo Kaap
Noch heute heißt Bo Kaap auch Cap Malay Quarter oder Malaienviertel. Bo-Kaap, (Afrikaans, deutsch etwa: „Über dem Kap“), offiziell Schotschekloof, ist auch Heimat der ersten afrikanischen Lederhose, die der ehemalige Journalist Ludger Pooth im Jahr 2017 entworfen hat. Der Schuster Rocksole in Bo Kaap hat die erste entbayerte Lederhose Südafrikas hergestellt.
Viele der Bewohner sind Nachfahren der im 17. und 18. Jahrhundert von der Holländisch-Ostindischen Handelskompanie verschleppten Sklaven – sie werden auch Kap-Malaien genannt. Der Begriff Malaien ist allerdings irreführend, denn die meisten Sklaven stammten nicht aus Malaysia sondern aus Indonesien, Sri Lanka und Indien.
Die Geschichte der Kap-Malaien wird in einem der ältesten Häuser des Viertels erzählt. An der Wale Street 71 liegt das Bo-Kaap Museum. Es ist wie ein muslimisches Haus des 19. Jahrhunderts eingerichtet und dokumentiert die Geschichte des Viertels, wie etwa den erfolgreichen Kampf gegen das Apartheit-Regime. Geöffnet: Montag bis Samstag von 10 bis 17 Uhr.
71 Wale Street, Bo Kaap, Kapstadt, +27 (0)21 481 3938
www.iziko.org.za/museums/bo-kaap-museum
Seit 1. April 2019 städtisches Kulturerbe
Bis zum Erfolg einer Kampagne zu seiner Erhaltung war das beliebte Stadtviertel davon bedroht, der fortlaufenden Gentrifizierung zum Opfer zu fallen, die aus Kapstadts, im Gegensatz zum ansonsten in diesem Gesichtspunkt weitgehend stagnierenden Südafrika, stetig wachsenden Jobangebot und seiner Beliebtheit für internationale Investoren und Spekulanten resultiert.
Bereits 2013 waren Petitionen eingereicht worden, um das Viertel unter besonderen Schutz zu stellen, die von der damaligen Bürgermeisterin Kapstadts unbeachtet blieben. Ihr wurden Beziehugen zu Investoren nachgesagt, die Pläne für Projekte hatten, die zum Bau von modernem Arbeits- und Wohnraum geführt hätten der für die derzeitigen Bewohner des Viertels jedoch kaum bezahlbar hätte werden können.
Nachdem im vorangehnden Sommer etliche Demonstrationen gerade junger Bewohner Bo Kaaps stattgefunden hatten, wurde vom 19. bis 22. Februar 2019 eine öffentliche Abstimmung über die Zukunft Bo Kaaps abgehalten, die mit überwältigender Mehrheit (2271 von 2298 eingegangenen Stimmen) zugunsten der Integration Bo Kaaps in eine Heritage Protection Overlay Zone (HPOZ) ausging.
Muslimische Kultur
Bo Kaap genießt in Kapstadt einen besonderen Schutz: Und das nicht nur, um die alte Architektur und den Charme des Viertels zu bewahren, sondern vor allem um die Kultur, den Glauben und die Traditionen der Bewohner zu schützen. Bis heute sind 90 Prozent der Bewohner in Bo Kaap Muslime – der Grund warum im gesamten Stadtteil zwischen Rose Street, Wale Street, Chiappini Street und Shortmarket Street kein Alkohol ausgeschenkt wird. Sogar das Hilton Hotel ist von diesem Gebot betroffen, weil es offiziell noch zum Viertel gehört.
Die Auwal Moschee in Bo Kaap ist die älteste in Südafrika
Die älteste Moschee Südafrikas
Zum gesamten Stadtteil gehören zehn Moscheen, die Bekannteste von ihnen liegt an der Dorp Street. Die Auwal Moschee ist die älteste Moschee Südafrikas, gegründet 1798 durch den Imam Abdullah Kadi Abdus Salaam. Bekannter ist der Imam unter seinem Titel Tuan Guru, der große Lehrer. Er ermöglichte es den Kap-Malaien ihre Religion in ihrem Viertel zu leben und ist bis heute berühmt für sein phänomenales Gedächtnis. Alle 800 Seiten des Koran soll Tuan Guru auswendig gekannt haben. Neben der Auwal Moschee sind auch die anderen Glaubenshäuser sehenswert, betreten werden dürfen sie allerdings erst nach ausdrücklicher Einladung.
Auwal Moschee, 32 Dorp Street, Bo Kaap, Kapstadt
Karneval
Wer am 2. Januar in Kapstadt weilt, kommt um den Coon Carnival nicht herum. Jedes Jahr feiern die Kap-Malaien dann eine große Straßenparty und ziehen mit außergewöhnlichen, sehr bunten Kostümen und lauter Musik durch die Innenstadt. Ursprünglich feierten die Sklaven am 2. Januar ihren einzigen freien Tag im Jahr.
Die Coons feierten ursprünglich Farben und Freiheit
Essen
Die ehemaligen Sklaven brachten aus ihrer Heimat nicht nur Traditionen mit nach Kapstadt, sondern auch ihre eigenen Gerichte. Noch heute ist Bo Kaap das Viertel mit der besten Kapmalaiischen Küche der Stadt.
Zu den Nationalgerichten Südafrikas gehört Bobotie, ein Fleischgereicht, dass Gemüse, Rosinen, Gewürzen und einer Ei-Kruste gebacken wird. Das typische kapmalaiische Gericht wird überall in Bo Kaap serviert, das beste Bobotie der Stadt soll es bei Biesmiellah an der oberen Wale Street geben.
2 Wale Street, Bo Kaap, Kapstadt, +27 21 423 0850
Traditionelle Küche mit Blick auf den Tafelberg gibt es auch bei Bo Kaap Kombuis. Das Restaurant an der August Street serviert neben Bobotie, Currys und Samosas. Die Currys gibt es sowohl mit Fleisch als auch in der vegetarischen Variante.
7 August Street, Bo Kaap, Kapstadt, +27 21 422 5446
Bobotie ist ein traditionelles südafrikanisches Gericht
Wer sich selbst an den Herd wagt, kann bei einer Bo Kaap Cooking Tour Kochen lernen wie eine echte kapmalaiische Großmutter. Zainie Misbach hat über 30 Jahre Erfahrung in der kapmalaiischen Küche und zeigt ihren Besuchern, wie man richtig Samosas faltet und das perfekte Masala für einen Topf echtes malaiisches Curry mischt. Dabei unterhält Zaine ihre Schüler in ihrer eigenen Küche mit Geschichten und Anekdoten aus dem Leben in Bo Kaap. Am Ende dürfen die Ergebnisse der Arbeit natürlich auch gegessen werden.
www.bokaapcookingtour.co.za
Um die echten kapmalaiischen Gewürze auch in der eigenen Küche nutzen zu können, lohnt ein Besuch bei Atlas Trading. Das Familienunternehmen ist auf Gewürze spezialisiert und die netten Damen geben gerne das eine oder andere Rezept für ein typisch-malaiisches Curry weiter.
Atlas Trading, 94 Wale Street, Bo Kaap, Kapstadt, +27 21 423 4361
Von Elisabeth Thobe
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