Wir reden mit dem Fotografen aus Kapstadt über seine Arbeiten und Reisen
Der rote Bus, Miss Earth und ich
Eine Sightseeing Tour durch die reichen und armen Viertel von Kapstadt
Wenn ich an eine Sightseeing-Tour denke, stelle ich mir sofort einen wackligen, offenen Bus vor, vollgepackt mit Klischeetouristen. Vorne nuschelt dann jemand die nötigsten Informationen über die Stadt in ein rauschendes Mikrofon und reißt ab und zu einen schlechten Witz, um die Stimmung wenigstens ein bisschen in Schacht zuhalten. Weil ich neu in Kapstadt bin und es endlich Zeit wurde, meine Meinung über diese Art von Touren zu ändern, habe ich eine Sightseeing Tour im berühmten roten Bus gewagt.
Miss Earth South Africa 2014
Bei dieser Fahrt konnte jedoch von Klischeetouristen nicht die Rede sein. Neben zehn ausgewählten Fachleuten aus den unterschiedlichsten Branchen nahmen auch die Finalistinnen der Miss Earth South Africa Wahl an der Tour teil. Trotz Regen und ungemütlichen Temperaturen sorgten allein die angehenden Schönheitsköniginnen für gute Stimmung. Der erste Stopp führte uns direkt zum neuen Büro von City Sightseeing South Africa. Von dem Gebäude aus konnten wir nicht nur einen super Blick auf die lebhafte Long Street werfen, sondern wurden gleich mit einem kleinen Lunchpaket versorgt. Schnell musste ich feststellen, dass auch der unlustige Moderator mit Mikrofon fehlte, stattdessen bekam jeder eigene Kopfhörer, um interessante Informationen über die Geschichte und Gebäude in Kapstadt und Südafrika zu erfahren. Das Ganze konnte dann auch noch in der Sprache seiner Wahl angehört werden.
Der graue Schleier über den Bergen und der Nieselregen konnten die Schönheit der Stadt nicht verbergen. Durch die Höhe des Busses hatte ich einen einzigartigen Blick über die Straßen, Weinberge und Meeresaussichten, die ich so vorher noch nicht wahrgenommen hatte. Um die Frisuren der Miss Earth Ladys zu bewahren und uns einigermaßen trocken zu halten, hatte das Team von City Sightseeing South Africa Regencapes verteilt, die zwar modisch einige Fragen aufwarfen, jedoch einwandfrei ihren Zweck erfüllten.
Auf dem Groot Constantia Weingut, umgeben von alten Bäumen und malerischen Weinbergen, erwarteten uns dann eine Auswahl von hervorragenden roten und weißen Weinen zum Probieren sowie kulinarische Leckerbissen. Dort wird uns dann auch mehr über Miss Earth South Africa erzählt. Die Schönheitskönigin ist das Gesicht einer Kampagne, die junge Frauen die Plattform bietet, einen nachhaltigen Unterschied in der südafrikanischen Gesellschaft und Natur zu machen. Dazu gehören auch Programme wie Bäume pflanzen, Recycling, Aufklärungsprojekte über Wasser und Energie und andere Erhaltungsmaßnahmen.
Township Tour in Hout Bay
Noch den feinen Geschmack der preisgekrönten Weine auf den Lippen und mit heiterer Stimmung ging es zurück in den Bus, um eine Einrichtung für Kinder im Township Imizamo Yethu zu besuchen. Das Gebiet wurde in den frühen 1990er Jahren als Siedlung gegründet und beherbergt heute ca. 30.000 Menschen unter. Kriminalität, Gewalt und schlechte Gesundheitsbedingungen sind die Hauptprobleme des Wohngebiets. Der große, rote Sightseeing Bus ist für die engen, wendigen Straßen in Imizamo Yethu nicht gemacht. Also stiegen wir in kleine Transportbusse, um die Einrichtung auf einer Anhöhe zu erreichen.
Der Kontrast vom edlen Weingut zu dieser Siedlung war enorm. Zunächst fühlte ich mich sehr unwohl, als alle ihre Kameras auspackten, um von den Blechhütten, Kindern und der Gegend Bilder zu machen. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es unser Recht ist, als eine Art Touristengruppe in eine Siedlung voller Sorgen zu fahren, um dort von der Lebensweise der Menschen Fotos zu machen. Als ich jedoch die strahlenden und aufgeregten Gesichter der Kinder in der Einrichtung sah, wurde mir bewusst, wie wichtig diese Touren für die Bewohner sind. Nur so können sie auf ihre Probleme aufmerksam machen. Zumindest bekommt dadurch immer wieder eine kleine Gruppe von außerhalb hautnah einen Eindruck der Situation. Die anfänglich bizarre Lage entpuppte sich für mich als Hoffnungsträger dieses Gebietes.
Wir versammelten uns alle in einem, im Vergleich zu den anderen Hütten großen Haus. Dort warteten schon eine Bande von Kindern und deren Betreuer auf uns. Die Wände und Decken waren liebevoll mit selbstgebastelten Fahnen und Bildern geschmückt und auch die Kinder machten einen sehr fröhlichen und munteren Eindruck. Nachdem einige Reden von Betreuern und Mitgliedern gehalten wurden, bekam ich auf einmal Gänsehaut. Der Raum füllte sich mit einem unglaublich schönen Gesang, den die Kinder für uns vorbereitet hatten. Ich bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige war, die beinahe zu Tränen gerührt wurde. Ein Kindergesang, powervoll wie ein Gospelchor, behandelte Themen der Hoffnung, des Weiterkämpfens und das Familiengefühl in der Einrichtung. Ich war sehr dankbar, diesen Moment miterlebt zu haben. In meinen ersten Wochen in Kapstadt habe ich überwiegend die vielseitige Schönheit des Landes kennengelernt, mit all dem Wohlstand und Angeboten. Es war interessant auch die andere Seite Kapstadts, von der immer wieder gesprochen wird, die man aber so zunächst nicht mitbekommt, zu sehen.
Zurück im Bus ging es wieder in Richtung V&A Waterfront, wo der Bus startete. Zwar lagen wir etwa eine Stunde hinter dem Zeitplan, jedoch war es diese Erfahrungen auf ganzer Strecke wert. Selbst wenn der City Sightseeing Bus normaler weise voll sein sollte mit Klischeetouristen, ist es eine gute Möglichkeit, einen ersten Eindruck des Landes und der Struktur Kapstadts zubekommen. Nicht auszumalen müssen die Aussichten und die Atmosphäre bei Sonnenschein und warmen Temperaturen sein.
von Laura Simon
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