Wir reden mit dem Fotografen aus Kapstadt über seine Arbeiten und Reisen
Freiwilligenarbeit in Südafrika
Südafrika ist eines der faszinierendsten Länder der Welt. Aber auch nach dem Ende der Apartheid hat das Land noch mit vielen Problemen zu kämpfen. Viele junge Menschen reisen ans Kap der Guten Hoffnung, um Freiwilligenarbeit zu leisten. Ein Erfahrungsbericht
Im Jahr 2009 habe ich für neun Wochen als Volunteer an der Thomas Wildschutt Senior Primary School in Retreat, Kapstadt, gearbeitet.
In einer Orientation Week habe ich zunächst die anderen Volunteers und die Stadt kennen gelernt. Das Programm wie auch die Vermittlung der Gastfamilien und der Projekte wurde durch eine Organisation durchgeführt. Am Ende der ersten Woche sind wir zu unseren Gastfamilien gebracht worden, bei denen wir die nächsten Wochen leben sollten. Meine Gastfamilie hat mich so herzlich aufgenommen, dass ich mich sehr schnell wie zu Hause gefühlt habe.
Und dann ging auch schon die Arbeit los. Meine Gastmutter und ich sind jeden Morgen mit dem Minibus Taxi zur Schule gefahren, da sie dort als Lehrerin arbeitet. Am Anfang war ich natürlich sehr skeptisch, weil man dieses öffentliche Verkehrsmittel laut dem Auswärtigen Amt meiden soll. Aber ich kann alle beruhigen – tagsüber ist das überhaupt gar nicht gefährlich! Ich habe an der Schule Förderunterricht in Mathematik gegeben. Ich hatte bei der Bewerbung angegeben, dass ich Mathe gut kann. Aber das „Unterrichten“ bedeutete Gott sei Dank nicht, dass ich mich alleine vor durchschnittlich 42 Kindern durchsetzen musste - was in Südafrika eigentlich der Normalfall ist.
Ich habe meist mit einem der Kinder in einem anderen Raum den Unterrichtsstoff wiederholt. In Klassen mit mehr als 40 Kindern kann man sich nicht um alle kümmern, manche bleiben zurück. Außerdem gehen in Südafrika auch viele Kinder zur Schule, die aus anderen afrikanischen Ländern geflohen sind und deren Muttersprache gar nicht Englisch ist. Für diese Kids ist die Hilfe durch die Volunteers eine gute Möglichkeit, Unterstützung zu erhalten. So etwas wie Nachhilfeunterricht, der in Deutschland total normal ist, ist für die Kinder in Retreat und anderswo nämlich nicht selbstverständlich.
Schule ist in Südafrika überhaupt ganz anders als in Deutschland. Der Unterricht geht immer von 8.15 bis 14.30 Uhr mit zweimal einer halbe Stunde Intervall, also Pause. Die Schüler wechseln für die unterschiedlichen Fächer den Raum, jeder Lehrer hat seinen festen Raum. Außerdem gibt es auch andere Fächer. In dem Unterrichtsfach „Life Science“ beispielsweise lernen die Schüler auch etwas über Hygiene und wie man verhindert, dass Tuberkulose oder ähnliche Krankheiten übertragen werden.
Es gibt aber auch Dinge, die wohl überall auf der Welt gleich sind. Die frechen Jungs, die im Unterricht gequatscht haben, müssen in der Pause drinnen bleiben und das 1x1 abschreiben. Manchmal natürlich auch Mädchen.
Natürlich bestand meine Zeit in Kapstadt nicht nur aus Arbeiten. Ich habe in dieser Zeit drei Mädels kennen gelernt, von denen ich durchaus behaupten kann, dass sie zu meinen besten Freunden zählen. Wir haben in der ersten Woche das Zimmer im Hostel geteilt und konnten uns am Ende der Woche schon kaum voneinander trennen. Logisch, dass wir das nächste Wochenende gar nicht abwarten konnten. Freitags sind wir nämlich regelmäßig nach Kapstadt in die Innenstadt gefahren und haben das Wochenende miteinander verbracht. Wir haben auch versucht, uns in der Woche mal zu treffen. Das ist aber neben der Arbeit nicht so einfach gewesen. Wir konnten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, meist mit Minibus-Taxis, ja nicht so weit kommen und mussten, besonders alleine, im Hellen wieder zu Hause sein.
Als Ausgleich zum Arbeiten haben wir die Wochenenden voll ausgenutzt. Wir haben natürlich all die Touri-Dinge gemacht, Tafelberg, Robben Island usw. Und sind abends auf der Long Street unterwegs gewesen. Kapstadt gehört für mich definitiv zu den schönsten Städten der Welt.
Meine Volunteer-Kollegin und ich hatten wegen der Schulferien beide 3 Wochen frei. Also haben wir beschlossen zwei Trips zu machen. Erst sind wir von Cape Town aus mit der Firma „Cape to Addo“ entlang der Garden Route nach PE gefahren. Da haben wir Station in Cape Aghulas, Outshoorn, Tsitsikamma, PE und Wilderness gemacht. Und dann tourten wir mit „Nomad“ die Desert Explorer Tour – das heißt sieben Tage Camping. Von Cape Town aus sind wir nach Swakopmund, Namibia, gefahren. Wir haben Station in Cederberge, Orange River, Fishriver Canyon, Namib Naukluft, Soussousvlei, Swakopmund gemacht. Zurück ging es dann mit dem Bus via Windhoek. Und jedes Mal, wenn wir wieder zurückkamen und nach Kapstadt reingefahren sind, breitete sich die Stadt zu unseren Füßen aus und es fühlte sich so sehr nach Nach-Hause kommen an.
Ich kann jedem, der nach Kapstadt fährt, nur empfehlen, auch noch mal die weitere Umgebung zu erkunden. Kapstadt ist wunderschön und ein bisschen zur zweiten Heimat geworden in der Zeit, die ich dort verbracht habe. Aber man muss zugeben, dass es sehr europäisch geprägt ist. Ich hatte ein „wirkliches“ Gefühl von „Ich bin in Afrika“ eigentlich erst, als ich Richtung Norden nach Namibia gefahren bin. Aber auch im Addo Elephant Park nahe Port Elizabeth. Dort habe wir eine riesige Herde Elefanten mit Jungtieren am Wasserloch beobachtet. Diese riesigen Tiere schreiten majestätisch und lautlos so dicht an dir vorüber...
Diese Erlebnisse und überhaupt die ganzen neun Wochen haben mich sehr geprägt und ich bin unheimlich froh, dass ich das gemacht habe.
von Juliane Klatt