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Warum Schauspieler und Regisseur Norbert Schultze Junior Kapstadt liebt.
Den Regisseuren, der einen Teil des Jahres am Kap lebt und trotzdem seit vielen Sommern Schauspieler, Komparsen und Pferde bei den Karl-May-Spielen arrangiert, kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen. Wir treffen uns an einem sonnigen Vormittag im Manna Cafe in der Kloof street und dürfen ihm unsere 10 Fragen stellen.
Wer ist Norbert Schultze?
Ich bin Schauspieler und Regisseur, der zwar das Rentenalter erreicht hat, aber noch immer voll im Beruf steht.
Rentnerdasein?
Vielleicht später mal.
Wie sind Sie zu ihrer Berufsauswahl gekommen?
Ich bin in einem Künstlerhaushalt in Berlin aufgewachsen; meine Mutter Schauspielerin und mein Vater Komponist. Entweder lag das in den Genen oder aber auch natürlich am häuslichen Umfeld, denn ich war durch die Arbeit meines Vaters regelmäßig von bekannten Künstlern umgeben. So kam dann schnell der Wunsch ebenfalls in den Beruf zu gehen.
Wie kam es zu der Entscheidung in Kapstadt zu leben?
Die Entscheidung nach Kapstadt zu kommen, kam durch Zufall. Meine Frau und ich hatten überlegt, wo wir die Jahrtausendewende (1999 zu 2000) verbringen wollen. Ursprünglich war Australien geplant, aber da waren wir bereits genau vor einem Jahr auf einer Kreuzfahrt. Von Bekannten bekamen wir den Tipp nach Südafrika zu reisen: So haben wir dann die typischen 3 Wochen Urlaubs Tour gemacht. Von Johannesburg mit dem Auto zum Kruger National Park, um uns die Tiere anzuschauen, dann Drakensberge zu den Goldgräber Städten, dann Garden Route zum Baden und zuletzt dann Kapstadt. Bis dahin waren wir schon komplett beeindruckt von den liebenswürdigen Menschen, dem Wetter und dem Land. Schnell wurde uns klar, dass unser Aufenthalt zu kurz war und wir unbedingt noch mal kommen müssen.
Anfang 2001 sind wir dann wieder nach Kapstadt gekommen und hatten inzwischen auch Freunde hier.
Dann lernte ich Veronika Frey kennen vom “kleinen Theater am Kap”. Das hatte sehr erfolgreich mit Laienschauspielern über die Jahre deutschsprachige Produktionen organisiert. Darumter waren jedoch kaum deutsche Autoren, und als sie mich fragte, ich ich mit ihrer Gruppe ein Stück in Szene setzen könnte, begann eie Zusammenarbeit, die deutsche Autoren und Klassiker zum Inhalt hatten und mich jeweils für drei Monate hier in Kapstadt beschäftigte. Da die Proben nicht durchgängig stattfanden, hatte ich viel Freizeit und schaute mir in dieser mit meiner Frau sonntags zum Spaß “ON SHOW” Häuser an. Da die Preise um 2001 echt so verlockend waren und wir auch ein sehr gutes Angebot bekamen, kauften wir letztendlich ein Haus in Higgovale. Das war einer der besten Entscheidungen unseres Lebens.
Wie kam letztendlich die Gründung Deutsches Theater am Kap?
Sobald du hier in der Theaterszene mal gearbeitet hast, wirst du auch schnell “rumgereicht“. Die eine Connection führte zur nächsten und weiter. Und da ich eh vor hatte hier richtig Fuß zu fassen und hier Geld verdienen wollte, statt die Euros immer runterzubringen, hat das auch super gepasst. Nach einiger Zeit entschied sich die Veranstalterin Veronika Frei vom kleinen Kap aufzuhören, weil sie auch die Liebe zu Deutschland wieder gefunden hatte. Das fand ich sehr schade, da das kleine Theater sich mittlerweile ein gewisses Publikum erarbeitet hatte.
Zwei Jahre gab es dann kein deutschsprachiges Theater mehr. Das fand ich sehr schade. So entschied ich mich, die Leitung zu übernehmen und aber auch deutsche Schauspieler hier her zu holen. Wichtig war nur, dass es möglichst kleine Produktionen („Einzelkämpfer“) waren. In Christan Brendel als Geschäftsführer und Investor fand ich einen Mitstreiter, das Deutsche Theater am Kap ins Leben zu rufen.
Was können die Südafrikaner von den Deutschen Lernen und was können die Deutschen von den Südafrikanern lernen?
Von den den Deutschen können die Südafrikaner Organisation lernen und wir können von ihnen die Entspanntheit lernen. Hier nimmt man die Dinge nicht ganz so ernst. Hier sieht man die Dinge nicht ganz so eng und das ist vielleicht auch gut so. Wir leben ja in Europa in einer so funktionierenden und durchorganisierten Welt. Ich schätze es zum Beispiel- in Kapstadt, dass wirklich jeden Montag die Müllabfuhr kommt, die zwar immer nur die Hälfte mitnimmt, aber sie kommt. Und ich finde das tut einfach auch der Seele gut. Morgens hier aufzustehen und einfach den Sonnenschein zu sehen, das gibt einen schon viel.
Was war ihr außergewöhnlichstes Erlebnis in Kapstadt?
Was mich jedes Mal sehr fasziniert, sind die Konzerte im botanischen Garten von Kirstenbosch. Da treten große Gruppen auf. Von Pop Musik bis klassischer Musik kannst du mit Picknick die beeindruckende Atmosphäre genießen. Bis zu 4000 Menschen können es sich auf der Wiese gemütlich machen.
Der Eintritt ist relativ preiswert. Und das ist schon toll, wenn man im Sommer da abends sitzt, hört Carmina Burana mit den Cape Philharmonics Orchestra mit dem großen Chor und über dir im Himmel das Kreuz des Südens. Das sind schon umwerfende Momente. Oder auch, dass ich abends bei 24 grad noch grillen kann mit Blick auf den Tafelberg, der manchmal auch noch beleuchtet ist. Also solche Momente sind schon sehr außergewöhnlich.
Was vermissen Sie an Deutschland am meisten?
Außer meiner Familie, nichts.
Können Sie sich vorstellen in Südafrika für immer zu leben?
Ich könnte hier komplett leben. Ich hätte damit gar kein Problem. Ich lebe hier als Rentner einfach auch sehr viel günstiger und mit sehr viel mehr Lebensqualität als in Europa. Denn hier kann ich mir einen Lebensstandard leisten, der in Europa nicht mehr finanzierbar ist. Klar wird es hier auch etwas teuerer, aber solange der Benzinpreis pro Liter unter 1 Euro liegt, kann ich mich nicht beschweren.
Würden Sie das Schauspielen weiter empfehlen?
In Deutschland kann man es eigentlich niemanden empfehlen in diesem Beruf zu arbeiten. De wenigsten können davon leben. Um den Schauspieler-Beruf professionell auszuüben, muss mehr als 100% gegeben werden und das ist noch keine Garantie, ein gutes Einkommen zu generieren. Es gibt Hunderte von gut ausgebildeten Schauspielern, doch leider haben wir nicht genügend Stellen. Beispielsweise bewerben sich sich für die Festspiele in Bad Segeberg für 2 Rollen 300 Leute. Das ist keine Seltenheit. In Kapstadt ist das nicht anders. Hier gibt es auch sehr viele ausgezeichnete Schauspieler. Das Problem ist, dass es zu wenig Produktionen gibt. Für Werbungen werden auch keine Schauspieler gebraucht, sondern Models. Schauspiel als Hobby zu machen ist total in Ordnung. Nicht als Hauptberuf.
Haben Sie noch einen Geheimtipp für unsere Leser?
Ich finde, jeder sollte auch die Umgebung Kapstadts kennen lernen. Ein wirklich absoluter Geheimtipp ist der Ort Darling. Der ehemalige Bahnhof von Darling wurde von einem sehr bekannten südafrikanischen Kabarettisten gekauft:Peter Dirk Euys.
Er war schon zu Apartheidszeiten ein Kämpfer für die Freiheit und gegen die Apartheid. Heute ist er aktiv in der Aids-Aufklärung und hat auch eine Kunstfigur erfunden, die er selber spielt: Evita, mit seiner eigenen Vita. Sie ist Mitglied des südafrikanischen Parlaments. Und diese Frau kann natürlich alles sagen, weil es sie in Wirklichkeit gar nicht gibt. Dadurch hat er sich aus der Gefahr begeben, dauernd verhaftet zu werden.
Peter Dirk Euys hat aus dem Bahnhof in Darling ein Theater gemacht. Nun ist sein Bahnhof zur Metropole der Kleinkunstszene geworden. Das ist echt zu empfehlen.
von Kelly Boachie
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