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Dr. Rinnert ist Wissenschaftler, Generalkonsul und Kapstadt-Fan. Wie er hierher kam, verrät er in seinem Interview.
1: Können Sie sich bitte kurz vorstellen?
Ich bin 62 Jahre alt, seit April letzten Jahres in zweiter Ehe wieder verheiratet und habe vier erwachsene Söhne aus erster Ehe, die in Deutschland leben. Nach Beendigung meines Physikstudiums war ich bis zum Eintritt in den diplomatischen Dienst fast viereinhalb Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Karlsruhe und Stuttgart in Forschung und Lehre tätig. Seit fast 34 Jahren bin ich nun Angehöriger des diplomatischen Dienstes; Kapstadt ist mein sechster Auslandsposten. Mehr Details zu meinem Lebenslauf finden Sie auf der Website des Generalkonsulats Kapstadt.
2: Seit wann sind Sie in Kapstadt und wie lange bleiben Sie hier?
Wir trafen am 14. Juli 2014, d.h. am Tag nach dem Sieg unserer Fußballnationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Brasilien, in Kapstadt ein.
Wenn alles planmäßig läuft, werden Sie mich noch bis Ende Juni 2018 hier in Kapstadt antreffen…
3: Kapstadt ist ja ein sehr begehrter Posten. Warum wollten Sie hierher und spielte die Tatsache, dass Sie am gleichen Tag wie Nelson Mandela geboren sind, eine Rolle?Kapstadt ist in der Tat einer der begehrtesten unter unseren über 220 Auslandsposten. Für mich gab es eine Vielzahl von Gründen, diesen Posten anzustreben, dienstliche wie private: Meine ersten beiden Auslandsposten lagen in Asien, die nächsten beiden in Europa, der fünfte in den USA, keiner zuvor auf dem afrikanischen Kontinent. Was lag also näher, als sich nun auf einen Posten zu bewerben, der in der Gesamtschau deutlich mehr Vor- als Nachteile bot: Eine hoch interessante Tätigkeit in einem spannenden politischen Umfeld in einer Weltstadt mit sehr erträglichen Klima, wenig Gesundheitsrisiken und sehr hohem Freizeitwert. Zudem wollte mir offensichtlich die Personalabteilung nach fünf Jahren Tätigkeit in Berlin in einem ebenso exotischen wie anspruchsvollen Bereich (nukleare Sicherung) etwas Gutes tun. Daran wollte ich sie nicht unbedingt hindern…
Auch wenn ich gern zur Erheiterung des Publikums bei Ansprachen darauf hinweise, dass ich genau am 34. Geburtstag von Nelson Mandela geboren wurde und scherzhaft hinzufüge, dass böse Zungen dies als einzige Qualifikation für meinen neuen Posten betrachteten, spielte das natürlich bei der Entscheidung überhaupt keine Rolle.
4: Was hat Sie dazu bewogen, in den diplomatischen Dienst zu gehen?
Ich hatte unmittelbar nach Ende meines Studiums im Sommer 1976 dreieinhalb Monate als „Sommerstudent“ am europäischen Kernforschungszentrum CERN in Genf verbracht und dabei großen Spaß an der Arbeit in einem internationalen Team gefunden. Da ich nicht bis Sommer 1978 auf die bei CERN angebotene Stelle warten wollte, begann ich meine Forschungsarbeiten, erst an der Universität Karlsruhe, dann in Stuttgart. Allerdings merkte ich bald, dass mir trotz des ebenso interessanten wie anspruchsvollen Forschungsbereichs der damals nur sehr begrenzte Austausch mit internationalen Kollegen fehlte. Jüngere Leser mögen es nicht glauben, aber es gab tatsächlich eine Zeit, als die Menschheit zur Kommunikation über Kontinente hinweg weder E-Mail noch Facebook, Twitter, Skype oder ähnliches kannte, sondern auf Briefe oder Telefonate angewiesen war. Kurzum, ich fühlte mich mehr und mehr in meinem Elfenbeinturm der Wissenschaft zwar nicht gefangen, so doch aber eingeengt. Eher zufällig erfuhr ich dann, dass man sich auch als Naturwissenschaftler für den höheren Auswärtigen Dienst bewerben kann, was ich sofort tat. So konnte ich mein schon früher vorhandenes Interesse an internationalen Beziehungen im weitesten Sinne, Freude am Erkunden neuer Horizonte, Reise- und damals durchaus spürbare Abenteuerlust unter einen Hut bringen.
5: Was gefällt Ihnen an Kapstadt und haben Sie schon etwas Besonderes erlebt?
Ich kenne kaum eine andere Stadt, die ein derart buntes internationales Flair aufweist, sich einer äußerst lebendigen Kulturszene und eines weitgehend friedlichen Miteinanders ihrer Bürger rühmen kann und zudem im Stadtgebiet und in der näheren Umgebung eine derartige landschaftliche Vielfalt aufweist. Schon die morgendliche Fahrt von unserem Haus in Hout Bay am Meer entlang in die Stadt ist - besonders bei schönem Wetter - jeden Tag aufs neue ein Genuss. Gleiches gilt für den Blick aus meinem Büro im 19. Stock auf Signal Hill, den Hafen und Robben Island. Von den meisten Südafrikanern, egal welcher Hautfarbe, sind wir bisher äußerst freundlich aufgenommen worden.
6: Welche Unterschiede sind Ihnen hier im Vergleich zu Deutschland, auch die Bürokratie betreffend, aufgefallen?Zu dieser Frage könnte man ganze Bücher schreiben, wollte man sie seriös und umfassend beantworten.
Der größte und auf Schritt und Tritt greifbare Unterschied zu Deutschland besteht sicher in dem enormen Gefälle zwischen Arm und Reich, in der in Südafrika wesentlich höheren Kriminalitätsrate und in einer Vielzahl übriger Schwierigkeiten und Defizite eines Schwellenlandes mit seiner jungen Demokratie.
Wie auf früheren Auslandsposten wird mir auch hier immer wieder vor Augen geführt, welch unschätzbaren Wert und auch ökonomischen Nutzen eine funktionierende öffentliche Verwaltung darstellt und wie Defizite in diesem Bereich ein Gemeinwesen schädigen können.
7: Welche Pläne und Zukunftsprojekte haben Sie für Ihre Zeit als Generalkonsul in Kapstadt?
Ich muss gestehen, dass ich nach einem halben Jahr im Lande noch keine konkreten Pläne oder Zukunftsprojekte vor Augen habe. Dazu weiß ich noch zu wenig aus eigener Anschauung über Land und Leute und kenne auch meinen Amtsbezirk bisher nicht hinreichend. Es gibt zwischen Kapstadt, dem Rest des Westkaps, dem Ostkap und Nordkap weiterhin große Unterschiede, vor allem im wirtschaftlichen und sozialen Bereich. Bis man sich hier ein halbwegs verlässliches Bild über geeignete Projekte machen kann, müssen noch viele Informationen und Erfahrungen gesammelt und bewertet werden.
8: Wie sieht ein normaler Arbeitstag/eine normale Arbeitswoche bei Ihnen aus?
Ein normaler Arbeitstag beginnt üblicherweise mit der Lektüre einer südafrikanischen Tageszeitung auf der Fahrt ins Generalkonsulat. Ein erheblicher Teil der Arbeitszeit ist zur Bearbeitung des umfangreichen E-Mail-Verkehrs erforderlich, sowohl mit anderen Kollegen im weltweiten AA-Netz als auch mit Externen. Daneben gilt es, mit meiner persönlichen Assistentin mögliche Außentermine abzustimmen und Zeitfenster für Besucher zu finden, die im Generalkonsulat vorsprechen möchten.
Einmal wöchentlich treffe ich mich mit meinem gesamten Team zur „Runde“, bei der alle Themen besprochen werden, die von gemeinsamem Interesse sind und wo die Mitarbeiter über anstehende bzw erledigte Aufgaben informiert werden. Weitere Besprechungen werden je nach Bedarf im Kreis der fachlich Zuständigen durchgeführt.
Außerhalb des Büros kommen gesellschaftliche Verpflichtungen wie die Kontaktpflege zu anderen Generalkonsulaten, wichtigen Firmen, Universitäten, zivilgesellschaftlichen und kulturellen Institutionen hinzu, meist als Gast, gelegentlich auch als Gastgeber. Das können z.B. Empfänge zum Nationalfeiertag sein, kulturelle Veranstaltungen oder auch kurze Ansprachen bei besonderen Anlässen wie Ausstellungseröffnungen.
9: Wie verbringen Sie Ihre freie Zeit und Ihre Wochenenden?
In meiner freien Zeit versuche ich einen Ausgleich zu finden für meine weitgehend sitzende Tätigkeit in der Arbeitswoche, meist reicht es aber nur zu einem halbstündigen abendlichen Spaziergang am Strand.
Am Wochenende verwenden wir meistens einen Tag darauf, die nähere und weitere Umgebung von Kapstadt zu erkunden, was angesichts der Vielfalt der Region immer wieder zu äußerst lohnenden Erlebnissen führt. Seit kurzem kann ich auch wieder meinen Hobbys Segelfliegen und Segeln frönen: Vor wenigen Wochen habe ich mich in Worcester dem dortigen Segelflugverein angeschlossen und hoffe, bald meine deutsche in eine südafrikanische Lizenz umschreiben lassen zu können. Gelegentlich genieße ich auch das Segeln mit Freunden auf der Segelyacht eines Bekannten in der Bucht vor Kapstadt.
10: Was möchten Sie in Kapstadt unbedingt erleben? Können Sie unseren Lesern sogar schon einen Tipp geben, was man in Kapstadt nicht verpassen sollte?
Ich möchte auf jeden Fall einen Tandem-Gleitschirmflug vom Signal Hill unternehmen. Zudem habe ich mir zum Ziel gesetzt, in der etwas kühleren Jahreszeit mit meiner Frau zusammen den Tafelberg zu Fuß zu besteigen.
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