Mit schwarzem Kulli gegen die Bürokratie in Südafrika
Ein Besuch bei Home Affairs
Schon bevor man das graue Haus in Kapstadts Barrack Street betritt, entscheidet sich, ob der Besuch bei Home Affairs, Anlaufpunkt für alles rund um Visum und Einwanderung in Südafrika, Erfolg oder Strapaze wird. „Am besten kommt man um 7 Uhr morgens. So muss man nur eine halbe Stunde warten, bis die Türen aufgehen, aber man steht relativ weit vorne in der Schlange“, erklärt Marieke Jooste.
Sie muss es wissen: Als Niederländerin lebt und arbeitet die 38-Jährige seit acht Jahren in Kapstadt und ist mit einem Südafrikaner verheiratet. „Ich bin Home Affairs Profi“, sagt sie und lacht. Bürokratie in Südafrika ist keinem Ausländer fremd. Hinter Marieke wird die Menschenschlange immer länger. In ihrem Rucksack: Buch, Sonnencreme und Wasserflasche. Außerdem ein Ordner mit allen Dokumenten, die in irgendeiner Art und Weise ihre Identität beweisen. „Sicher ist sicher, man weiß nie, welches Dokument vielleicht gebraucht wird.“
Heute kommt Marieke, um die Rückerstattung ihrer Rückführungs-Kaution („repatriation deposit“) zu beantragen. Die musste sie vor acht Jahren zahlen, als sie sich zum ersten Mal um ein Visum bewarb. Nach einer neuen Regel muss sie die Rückerstattung bis zum 28. Februar 2015 beantragen. Sonst verliert sie ihren Anspruch auf das Geld. Von der neuen Regelung erfuhr Marieke zufällig von einer Kollegin beim Plausch in der Büroküche.
„Ob ich das Geld nun wirklich zurückbekomme, ist eine andere Sache. Aber ich muss es versuchen“, sagt sie. Nach acht Jahren regelmäßiger Besuche bei Home Affairs weiß sie: Unkompliziert ist hier nichts.
Pünktlich um halb acht öffnen die Türen, ein Mitarbeiter fragt jeden in der Schlange nach seinem Anliegen, Marieke schickt er in Stock 1, Schalter 16. Dort stellt sie sich in die nächste Schlange. Schnell geht es voran. „Man darf jetzt nicht denken, man sei schon am Ziel“, sagt sie und lacht wieder. Mit Humor, meint Marieke, überstehe man die Bürokratie in Südafrika am besten. An Schalter 16 angekommen, sagt sie wieder ihr Schlagwort „repatriation deposit“. Für die sonst so ausführliche Südafrikanische Begrüßung bleibt hier keine Zeit.
Stock 5 heißt das nächste Ziel. Doch der Aufzug fährt nur ins Erdgeschoss. Im Treppenhaus hängt ein Schild „Nur für Personal“. Was soll‘s. Bei heißen Temperaturen geht es Schritt für Schritt die Stufen nach oben. „Mein Sportprogramm für heute“, meint Marieke sarkastisch. „Etwas Gutes muss das hier ja bringen.“ Ein Mann mit Aktentasche und Anzug, auf dem Weg in den 4. Stock, lacht: „Das ist die richtige Einstellung.“ Ein Gefühl von Zusammenhalt unter Fremden.
Wer nicht nachfragt, hat schon verloren
Der 5. Stock ist beinahe menschenleer, nur eine Frau sitzt in einem der plüschigen Sessel und wartet. Sessel? Ist man hier etwa willkommen? Ein Mitarbeiter kommt durch die Tür „Die Kollegen sind grade in einer Besprechung. Die kommen dann nachher zu euch.“ Wieder warten. „Ob das hier richtig ist?ldquo;, fragt sich Marieke. Erste Zweifel kommen auf. „Hier müsste mehr los sein. Wo sind alle anderen?ldquo; Zurückhaltung bringt sie hier nicht weiter, das hat sie schnell gelernt. Auf Nachfrage stellt sich dann heraus: Hier ist sie falsch. Der 3. Stock ist der richtige.
Im Treppenhaus sitzen Menschen auf den Stufen, ordnen endlose Kopien und Klarsichthüllen. Wer einen möglichst reibungslosen Besuch bei Home Affairs erleben will, kommt vorbereitet.
Im 3. Stock steht TK hinter weißen Stahlgittern. Auf Nachfrage holt er schnell sein Namensschild aus der karierten Hemdtasche. Mit freundlichem Lächeln erklärt er „Ja, hier bist du richtig. Zeig mal her, was du hast.“ Gewissenhaft überprüft er Mariekes Dokumente. „Da fehlt aber noch die beglaubigte Kopie deines Passes“, sagt er und runzelt die Stirn. „Aber auf der Webseite steht, man soll nur das Original mitbringen, keine Kopie“, erklärt sie. TK hat seine eigenen Regeln: „Das kann schon sein, ich brauche aber eine. Außerdem noch einen Brief, in dem du dein Anliegen erklärst. Hier hast du einen Zettel“, sagt er und reißt ein Blatt von einem College-Block ab. Sein Wort zählt.
Ein Abstecher zur Polizeiwache rettet das Unternehmen
„Früher hätte ich jetzt schon aufgegeben“, sagt Marieke. „Aber jetzt ziehe ich das durch.“ Um die Ecke hat sie einen Copy Shop entdeckt und die Polizeiwache ist auch nicht weit.
Und weil sich Marieke nun schon daran gewöhnt hat, erwartet sie auch auf der Polizeiwache eine lange Schlange. Eine Beamtin sitzt an einem Schreibtisch, hinter ihr eine Liste von verdächtigen Fahrzeugen an der Wand, die kürzlich in der Gegend gesichtet wurden, vor ihr ungeduldige Kapstädter, die Stempel und Unterschrift erwarten. „Warum arbeiten denn hier nicht mehr Polizisten?ldquo;, will einer von ihnen wissen.
„Beschwer dich nicht bei mir, beschwer dich beim Präsidenten“, erklärt die Beamtin trocken. „Ansonsten ist dort vorne auch eine Box für Lob und Kritik. Einfach Zettel rein.“ Manch einer warte hier zwei Stunden, weiß sie. Wer über 60 ist, oder ein Kind dabei hat, wird vorgelassen. Das ist für alle selbstverständlich. Für Marieke trifft beides nicht zu, deshalb nutzt sie die Wartezeit, um den Brief zu schreiben, den TK von ihr haben möchte.
Zurück bei Home Affairs drückt sie sich durch die mit Fingerabdrücken beschmierte Glasdrehtür. Vor der Tür sitzt ein Mann auf den Treppenstufen „Schwarze Kullis, schwarze Kullis“, ruft er in einem Singsang und hält ein Bündel Stifte nach oben. „Drinnen gibt es keine Kullis.“ Wer seine Dokumente mit blauem Stift ausfüllt, kann gleich von vorne beginnen. „Home Affairs akzeptiert nur schwarze Schrift“, erklärt Marieke.
Im 5. Stock wartet bereits TK mit munterem Lächeln: „Da bist du ja wieder, zeig mal her.“ Genau studiert er Mariekes Ausbeute, während sie wachsam zuschaut. „Ich kann aber nicht das Original der Kautionsbestätigung hier lassen“, sagt sie. „Hier geht es um zu viel Geld.“ Ein Mann hinter ihr wird ungeduldig, schnauft durch die Nase, raschelt mit seinen Papieren. „Von sowas lasse ich mich nicht mehr aus der Ruhe bringen“, flüstert Marieke. „Stelle alle deine Fragen, bis zur letzten. Die anderen müssen eben warten.“
TK ist zufrieden. Widerwillig händigt Marieke das Original der Bestätigung aus, bekommt eine Kopie mit Stempel im Gegenzug. „Na gut“, sagt sie zähneknirschend. „Und was passiert als nächstes?ldquo;
„Hier ist eine Nummer“, erklärt TK. „Da kannst du anrufen und nach einem Update fragen. In vier Monaten.“
Knapp drei Stunden hat Marieke gebraucht, um ihre Dokumente abzugeben. Gar kein schlechter Schnitt.
von Ann-Kristina Rönchen
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