Sommer, Surfen und viele Touristen in der Mutterstadt
10 Fragen an Bäcker und Businessmann Jürgen Baumann
Er etablierte das Bauernfrühstück in Kapstadt, arbeitete in Namibia, lebte in New York und betreibt jetzt eine erfolgreiche deutsche Bäckerei mitten in Kapstadt.
Man munkelt es leben ungefähr 25 000 bis 30 000 Deutsche in Kapstadt und Umgebung. Wir von Kapstadtmagazin.de haben Jürgen Baumann, der Besitzer der Europa-Bäckerei auf der Loop Street, interviewt.
Deutsches Brot in Südafrika - gibts in der Loop Street
Wer bist du?
Ich heiße Jürgen Baumann und bin gelernter Koch.
Wann und warum bist du nach Kapstadt gekommen?
Ich bin 1972 nach Windhoek eingereist, damals hieß das heutige Namibia natürlich noch Südwestafrika. Dort habe ich im Grand Hotel, dem einzigen 4 Sterne Hotel der Stadt gearbeitet. Danach bin ich durch ganz Namibia und Angola gereist und 1974 dann in Kapstadt gelandet und irgendwie hier hängen geblieben.
Hast du denn noch Kontakte zu Deutschland?
Die Kontakte zu der Heimat beziehungsweise zu meiner Familie sind noch da. Anfangs bin ich jedes Jahr nach Deutschland zu meinen Eltern geflogen oder sie haben mich besucht. Jetzt weilen meine Eltern nicht mehr unter uns, aber meine Schwester besucht mich noch ungefähr alle zwei Jahre. Aber seit ich das Geschäft hier eröffnet habe, bin ich nicht mehr so oft in Deutschland gewesen, da man einfach weniger Zeit hat. Und wenn man dann nur drei Wochen Urlaub im Jahr hat, möchte ich die nicht damit „verplempern“, um einmal nach Deutschland zu fliegen. Ich fahre dann lieber nach Knysna oder so dafür aber mehrmals im Jahr, anstatt für zwei Wochen nach Deutschland.
Warum hast du gerade eine Bäckerei eröffnet?
Ich hatte schon immer eine Bäckerei und auch schon immer deutsche Kunden. Früher habe ich eine Bäckerei im Garden Center gehabt, in der ich auch gekocht habe. Allerdings sind wir 1983 aufgrund der Aufstände in Südafrika nach New York gegangen und haben in Manhattan eine Bäckerei eröffnet. 1992 sind wir dann nach Kapstadt zurückgekommen, doch habe mich danach erst einmal zur Ruhe gesetzt. Aber es wurde mir zu langweilig und ich dachte mir, wir sollten unser Wissen und unsere Rezepte an andere Menschen weitergeben, sie ausbilden und ihnen beibringen, wie man ein Geschäft führt.
Verfolgt ihr dabei eine gewisse Strategie?
Wir möchten unterprivilegierten und benachteiligten Menschen helfen. Aus diesem Grund führen wir das Geschäft. Wir sammeln Menschen von der Straße auf oder geben Alkoholikern eine zweite Chance und bieten ihnen eine Arbeitsstelle an. Viele von ihnen haben Talent und wir möchten dieses Talent fördern und auch unser Wissen weitergeben, damit die Rezepte nicht einfach verloren gehen. Wir versorgen auch einige Obdachlosenheime und Institutionen mit dem übrig gebliebenen Brot und Brötchen, daher hat sich unsere Strategie schon ein wenig herumgesprochen, sodass ich des Öfteren von Stammkunden angesprochen werde, ob wir nicht eine Lehrstelle zu vergeben hätten. Ich gebe immer mein Bestes, um zu helfen. Ich gebe nicht auf.
Die Bäckerei bietet Chancen und Ausbildungsplätze für Unterprivilegierte
Hast du viele deutsche Stammkunden?
Der deutsche Markt und die deutsche Community in Kapstadt ist auf jeden Fall da, wir haben den Laden auch nicht ohne Grund an diesem Standort aufgemacht. Der deutsche Kindergarten befindet sich direkt gegenüber und auch die deutsche Kirche ist nicht weit entfernt. Außerdem beliefern wir die deutsche Schule und verschiedene Tax Stores. Wir haben allerdings nie gedacht, dass es ein solches Ausmaß annehmen könnte. Denn derzeit sind über 80% unserer Kunden Deutsche. Auch wenn in Kapstadt unzählige Deutsche leben oder Urlaub machen, hätten wir nie gedacht, dass unser Laden so deutsch werden könnte. Es ist einfach so passiert. Wir wussten, wir wollten die Mütter als Stammkunden gewinnen, die ihre Kinder im Kindergarten gegenüber abliefern, aber dass das dann so ein Ausmaß annehmen könnte, war nicht geplant.
...aber du lockst deutsche Kunden auch mit deinen typisch deutschen Köstlichkeiten an?
Aber natürlich locken wir die deutschen Kunden mit unseren Brezeln, Laugenstangen, Butterkuchen, Streuselkuchen an. Das ist einfach eine Marktlücke hier, jeder macht Mousse au Chocolate oder irgendwelche ausgefallenen Speisen, wir hingegen möchten einfach einen normalen, leckeren aber auch günstigen Blechkuchen verkaufen und es kommt an. Das schmeckt uns auch persönlich am Besten. Oder ich koche dann lieber eine typische Linsen- oder Erbsensuppe und nicht irgendetwas Hochtrabendes.
Was ist deine ganz persönliche Spezialität?
Ich habe vor dreißig oder vierzig Jahren das Bauernfrühstück in Südafrika eingeführt. Heute wird es natürlich nur noch Farmersomelette genannt. Unzählige Hotels und Restaurants haben mich kopiert, aber ich habe es immer noch auf der Karte. Es ist ein offenes Omelette, das ist schon immer gut angekommen. Auch mein roter Heringssalat ist sehr beliebt.
Welche deutschen Genüsse vermisst du manchmal in Kapstadt? Und wo gehst du hin, um diesen Hunger zu stillen?
Ich gehe eher selten Essen, wenn ich mal essen gehe, dann zum Italiener. Ich bin kein Eisbein oder Sauerkraut Fan, es passt auch einfach nicht hier her. Wenn ich mal Lust habe auf Käsespätzle, Semmelknödel oder ein schönes Wildgulasch habe, koche ich es selbst, da es auch einfach nirgendwo hier erhältlich ist.
Was macht Kapstadt für dich so besonders?
Ich lebe nun schon länger in Kapstadt, als ich in Deutschland je gelebt habe. Außer meiner Familie kennt mich in Deutschland keiner mehr. Ich habe mich hier eingelebt und mir meinen Freundeskreis hier aufgebaut. Natürlich ist das Wetter auch einfach besser, außerdem mag ich die Großzügigkeit und Freundlichkeit der Menschen. In Deutschland ist jeder nur am klagen, alles ist nicht gut genug. Ich bin in Kapstadt einfach hängen geblieben und bereue es nicht und für mich gibt es keinen Grund mehr wegzugehen. Ich bin zufrieden mit dem was ich mache, ich möchte nicht reich werden, ich habe einfach nur Spaß am Kochen und Backen und möchte Menschen eine zweite Chance geben und die Möglichkeit zu arbeiten.
"Ich habe Freude am Backen und möchte das weitergeben"
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