Wir reden mit dem Fotografen aus Kapstadt über seine Arbeiten und Reisen
10 Fragen an Regina Borth
Regina Borth ist eine deutsche Kapstädterin, Grafikdesignerin sowie Besitzerin der Firma 'Give It Bag', die seit 2007 modische Taschen herstellt, die nachhaltig und sozial sind
1. Du hast bei TBWA Düsseldorf gearbeitet, heute ist TBWA eine der größten Designagenturen weltweit. Wie bist du dort hingekommen?
Ich habe in Düsseldorf Grafikdesign studiert, habe bei fast allen großen Agenturen während dem Studium frei gearbeitet und nach dem Studium habe ich dann fest bei TBWA angefangen. Ich war eine der jüngsten Art Directorinnen zu der Zeit überhaupt, was total spannend war und sehr viel Spaß gemacht hat. Wegen der Liebe bin ich dann aber nach Hamburg gezogen und habe mich dann später selbstständig gemacht. Als Freelancer habe ich für viele renommierte Agenturen gearbeitet, zum Beispiel BBDO, Scholz & Friends und TBWA.
2. Wo wir gerade schon beim Thema Design sind, was hältst du als Kreative von der Bewerbung Kapstadts als World Design Capital 2014?
Ja, das ist natürlich super. Ich finde, dass hier ganz viel Potenzial vorhanden ist, vielleicht liegt das am Tafelberg, jedenfalls gibt es hier eine ganz tolle Energie. Und es gibt ganz viel zu tun sowie eine große Offenheit und Willen Dinge umzusetzen. Die Bewerbung für die World Design Capital 2014 wird die Stadt schöner machen. Denn um zu gewinnen, werden sie sich bestimmt Mühe geben, weil sich noch einiges ändern muss.
3. Aber was muss sich denn nach der erfolgreichen Fußballweltmeisterschaft im letzten Jahr denn noch alles ändern?
Es hat sich schon viel getan, stimmt. Kapstadt ist jetzt mehr im Bewusstsein der Menschen, als eine bedeutende Stadt. Ja, auf alle Fälle hat sich viel getan, wir haben jetzt sogar Mülleimer überall in der Stadt. Allerdings was den Designaspekt angeht, na ja. Vielleicht werde ich auch bei dem Wettbewerb, der ausgeschrieben wurde, wie man die Stadt weiter verschönern kann, teilnehmen, und ein Konzept einreichen. Eine Idee, die mir spontan so einfällt, wäre zum Beispiel, kleine Bänke für die Big Issue Verkäufer zu konzipieren, die auch gleichzeitig Schränke sind, um ihnen auch ein wenig Sicherheit für ihre Habe geben zu können.
4. Im Jahr 2007 bist du nach Kapstadt gezogen. Wie bist du auf die Metropole gekommen?
Meinen jetzigen Mann habe ich während eines Urlaubs in Kapstadt kennengelernt, als er sein praktisches Jahr als Arzt hier gemacht hat. Ich war zwar sehr verliebt in die Stadt und war auch oft hier, dass ich hier aber unbedingt leben möchte, fühlte ich damals noch nicht. Wir sind dann aufgrund seiner Jobwahl nach München gezogen, wo ich es absolut grauenvoll fand. Später haben wir dann noch eine Woche Urlaub in Kapstadt gemacht und kamen so geflasht nach München zurück, zurück ins miese Wetter von München. Und dann haben wir uns zusammen entschlossen, dass wir abhauen. Wir hatten keinen wirklichen Plan und kamen spontan hierher, als Art Directorin ist man da ja relativ frei. Aber manchmal wird man für den Sprung ins kalte Wasser belohnt.
5. Hier habt ihr dann auch die Firma 'Give It Bag' gegründet, wie kam es dazu? Was war die Idee dahinter?
Nachdem wir hierhergezogen sind, haben wir einem Freund bei der Renovierung geholfen, der hat mich dann losgeschickt, um 'Rubber Bags' für den Bauschutt zu kaufen. Ich wusste gar nicht, was das ist, aber als ich diese bedruckten Säcke gesehen habe, war ich total begeistert, sodass ich die Schönsten behalten habe. Zum Geburtstag einer Freundin habe ich die erste Tasche als Geschenk genäht, und die sah total gut aus. Abends bei einer Flasche Wein haben mein Partner und ich uns dann ein Konzept überlegt, was wir produzieren wollen und wie wir das Land unterstützen können. Das Ganze sollte so grün wie möglich sein und wir wollten Sachen recyceln. Auf jeden Fall sollte der Charity-Aspekt auch beinhaltet sein. Also, dass ein gewisser Prozentsatz aus dem Verkauf der Taschen an soziale Projekte gespendet wird.
6. Was hat dich dazu veranlasst diesen sozialen Faktor, einen gewissen Prozentsatz an Projekte zu spenden, in das Konzept mit aufzunehmen?
Primär bin ich hierher gekommen, um etwas Gutes zu tun und um Südafrika zu unterstützen, nicht nur, um Taschen herzustellen. Aber generell hat mich in Deutschland bzw. den Erste Welt Ländern sehr gestört, dass viel gemeckert wird oder viele Menschen eine negative Einstellung haben und gar nicht mehr wertschätzen können, was sie haben und wie gut es ihnen geht. Gerade wenn man in Kapstadt ist und den Unterschied zwischen Arm und Reich sieht und fühlt und an jeder Ecke wahrnimmt, wird einem direkt bewusst, wie gut es einem geht. Und dieses Bewusstsein oder auch die Wertschätzung wollte ich gerne weitergeben oder in irgendeiner Form kommunizieren, weil es mich philosophisch oder inhaltlich beschäftigt. Wir haben uns in die Idee von 'Give It Bag' so verliebt, weil es so viel Potenzial hat. Es hat uns komplett eingenommen und ich habe noch nie so viel gearbeitet wie hier in Kapstadt. In dem Moment, wo man gibt, glaube ich kriegt man auch wieder etwas zurück.
7. Wie viel Prozent wird an die Projekte gespendet?
Anfangs waren es 50 Prozent, im Moment, und das sage ich ganz offen, liegt der Prozentsatz bei null. Zum jetzigen Zeitpunkt ist es schwierig. Wir verkaufen nicht genug, um die Projekte in dem Maß zu unterstützen, wie wir das möchten. Der Markt ist relativ ruhig, hier ist Winter und in Deutschland tut sich auch nicht viel. Langfristig will ich den Online-Shop von Deutschland nach Südafrika holen, um die Vertriebskosten zu senken und um günstiger anbieten zu können und um dann hoffentlich mehr zu verkaufen. Ideal wäre es, wenn alles von selbst läuft, wie das Produzieren, das Schaffen von Arbeitsplätzen und die Spenden an soziale Projekte. Nichtsdestotrotz haben wir immer die Projekte unterstützt, und es einfach aus eigener Tasche bezahlt und das machen wir jetzt immer noch.
8. Wo werden die Taschen hergestellt?
Die Taschen werden ausschließlich in Südafrika produziert, bisher in einer Produktionsstätte in Kensington, um Einheimischen Arbeitsplätze zu garantieren. Leider musste die Firma, mit der wir angefangen haben und mit der wir fast vier Jahre zusammengearbeitet haben schließen. Aufgrund dessen, weil die Mitarbeiter relativ unzuverlässig, oft krank und viel zu langsam waren und dann wurden Liefertermine nicht eingehalten. Die Arbeitsmoral scheint auf jeden Fall anders zu sein als in Deutschland und es ist für Europäer oder Deutsche auch echt schwierig damit klarzukommen, aber ich bin natürlich auch lernfähig und weiß, dass ich die Wahrheit nicht gefressen habe. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch so, dass dieses Land sehr viele Arbeitslose hat und ich dann nicht verstehen kann, wieso sich Leute über Arbeit nicht freuen. Das desillusioniert ganz schön.
9. Der Niedergang der örtlichen Textilindustrie liegt also nicht an der Billigschwemme aus China?
Südafrika war ja einst eines der größten Textil produzierenden Länder weltweit. Es gab ein riesiges Potenzial hier, sogar C&A hat hier produziert. Im Moment stagniert das, das Interesse an dem Berufsfeld, zum Beispiel einer Näherin ist auch nicht mehr so da. Klar, China produziert schneller und effizienter, aber wir wollen auch gar nicht in China produzieren lassen, da wir keine Massenware anbieten. Aber grundsätzlich und was 'Give It Bag' anbelangt, würden wir natürlich viel besser fahren, wenn wir die Produktion nach China verlagern würden, denn die Kosten dort sind niedriger. Die Arbeitskraft hier ist ja total teuer und jedes Jahr wird es noch mal um 10 Prozent teuerer, obwohl sich die Qualität nicht merklich verbessert. Als ein Unternehmen, das auf dem internationalen Markt bestehen muss, kann man natürlich auch nicht jedes Jahr die Preise anheben.
10. Die Qualität bei den in Südafrika produzierten Waren ist also nicht besser als bei chinesischen?
China ist doch super in Sachen Qualität! Adidas, Puma, Gucci alle produzieren in China. Aber ich will es gar nicht ausprobieren, das ist keine Option für mich. Denn einer der Punkte des Konzepts von Give It Bag ist, dass lokal produziert wird. Da mache ich Give It Bag lieber zu, als dass ich in China herstellen lasse.
Das Interview führte Julian Friesinger.
Mehr über 'Give It Bag' und Regina Borth erfährst du hier.
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