Sommer, Surfen und viele Touristen in der Mutterstadt
Helfen fängt beim Thematisieren an
St. Annes Home – ein Zuhause für missbrauchte mittellose Mütter und ihre Kinder
Viele Frauen und Kinder von ihnen wurden geschlagen, missbraucht, gedemütigt. Viele von ihnen wohnten auf der Straße. Viele von ihnen wussten nicht, wann sie ihren Schützlingen die nächste Mahlzeit geben konnten. Vielen blieb nichts anderes über, als ihre Gefühle auszuschalten und nur zu hoffen.
Entschuldigung für die krasse Einleitung. Aber so sieht die Wahrheit nun mal aus. Umso schöner, dass den Familien in St. Annes Home eine neue Perspektive geschenkt wird.
Das Rehabilitationszentrum St. Annes Home fungiert als Nichtregierungs-Organisation und befindet sich in Woodstock. Bereits vor 107 Jahren wurde es von Nonnen der Anglican Church gegründet, um Frauen und Kindern in Not zu helfen. Mit der Zeit wurde der Aspekt der Bildungsunterstützung, der Jobfindung und der therapeutischen Maßnahmen ausgebaut, sodass den Müttern zukunftsorientiert unter die Arme gegriffen werden kann. So wohnen sie nicht nur hier, sondern arbeiten hart an sich, um sich und ihren Kindern nach einem sechsmonatigen Aufenthalt ein schöneres Leben bieten zu können.
Wo genau gehen die Wege hin, nachdem das Programm für Mutter und Kind hier beendet ist, frage ich Martin Gumpo, einen der elf Mitarbeiter. “Die meisten Frauen haben in der Zeit, in der sie hier gelebt haben, mithilfe von uns einen Job gefunden. Viele arbeiten als Haushälterin, Kellnerin oder Security und können somit finanziell für sich und das Kind sorgen. Das ist ein toller Erfolg, gerade wenn man beachtet, dass kaum jemand von ihnen ausgebildet ist.“
Eine Wohngemeinschaft aus 17 Müttern und ihren Kindern
St. Annes Home spezialisiert sich auf Mütter mit ihren Kindern, die nicht älter als sechs Jahre alt sind. Die Kinder werden täglich von 9 Uhr bis 15 Uhr betreut, während ihre Mütter Workshops und Psychotherapien besuchen, Computer-Nachhilfe bekommen oder unterwegs sind, um sich für Jobs vorzustellen.
Die zwei Kindergruppen, eingeteilt in Altersgruppen (Babys und Kleinkinder), werden jeweils von einer Erzieherin und Freiwilligendienstlern beaufsichtigt. Ab 15 Uhr verbringen die Kinder Zeit mit ihren Müttern und den anderen Bewohnern des Hauses. Die Frauen wohnen ungefähr mit drei anderen Frauen und deren Kindern in einem Zimmer und teilen sich alle gemeinsam Wohnzimmer und Wohnküche. Man kann es sich von den Räumlichleiten wie eine gemütlich eingerichtete Jugendherberge vorstellen. Insgesamt bietet St. Anne`s Home Platz für 17 Hilfe suchende Frauen, für die und mit denen individuelle Ziele erarbeitet werden.
Als ich die Spielgruppe der Kleinkinder betrete, jubeln die Jungen und Mädchen laut, schauen mich gespannt mit ihren großen Kulleraugen an und versuchen an mir hochzuspringen und mich abzuknutschen. Sie haben so eine positive Ausstrahlung, dass ich eigentlich innerlich in die Lüfte springen will. Aber deren Einzelschicksale, über die mir die Betreuerin später berichtet, machen mich todtraurig.
Die meisten Mütter wurden von der Polizei von der Straße aufgesammelt und her gebracht. Die Kinder waren unterernährt und verwahrlost. Ich kann es kaum glauben, dass man den süßen Sprösslingen auf den ersten Blick ihre tiefen Wunden nicht ansieht und sie fast grenzüberschreitend kontaktfreudig sind.
Feste Regeln geben den Kindern Sicherheit
Neben der Direktorin Joy Lange und den Betreuerinnen für die Babys und Kleinkinder, arbeiten in St. Annes Home eine Sozialarbeiterin, eine Workshop-Koordinatorin, ein Kinder-Programm-Koordinator, ein Buchhalter, eine Rezeptionistin und drei Haushälterinnen, von denen auch am Wochenende immer jemand Vorort ist, um die Kleinfamilien gegebenenfalls vor den Vätern oder anderen Angriffen zu schützen und immer ein offenes Ohr zu haben.
Ich verbringe den ganzen Vormittag in der Kleinkindergruppe und bemerke, dass feste Regeln und Abläufe den kleinen Jungen und Mädchen Sicherheit geben. Erst spielen, dann malen, dann musizieren, dann draußen toben, dann essen, dann schlafen und noch mal spielen. So können sie im festen Rahmen Dinge ausprobieren und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln. Wer weiß schon so genau, wie ihr Tagesablauf vor dem Aufenthalt im Rehabilitationszentrum aussah?
Drogenberatung
Ich frage Martin Gumpo, was die größte Schwierigkeit ist. “98% der Frauen, die hier wohnen, sind schon mal mit Drogen in Berührung gekommen. Wir müssen in nächster Zukunft unser Programm so ausbauen, dass wir auch Drogenberatungen anbieten können,“ erzählt mir der Kinder-Programm-Koordinator mit ruhiger Stimme. Seine Hauptaufgabe ist es, für die frühkindliche Förderung zu sorgen.
Ich bin beeindruckt von dem Gesamtaufbau des Hilfeprogramms und finde es wichtig, sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, das jeder von uns auf gewisse Weise im Leben helfen kann. Das muss nicht zwangsläufig nur durch Geldspenden passieren. Der Anfang ist, miteinander zu sprechen und so Informationen und Ansichten austauschen.
Von Jana Lüdtke
St. Annes Home
48 Balfour Street | Woodstock | Kapstadt | +27 (0) 21 448 6792 | info@stanneshome.org.za | http://www.stanneshomes.org.za