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Andrea Schmidt leitet die südlichste Deutsche Buchhandlung der Welt. Zwischen Literatur und Hörbüchern fördert sie Kultur und schafft einen Ort der Begegnung.
1. Wer bist du? – Beschreibe dich in drei Sätzen.
Ich bin die Frau Schmidt aus der Buchhandlung Naumann.
Die Leute in Kapstadt nennen mich so. Das hat Erkennungswert bei Groß und Klein. Gerade bei Kindern kommt das gut an. Es ist immer wieder schön, wenn mich jemand im Supermarkt oder auf der Strasse trifft und dann sagt: “dich kenne ich, du bist doch die Frau Schmidt aus der Buchhandlung...”.
2. Seit wann bist du Kapstadt-Fan? Und warum eigentlich? Barcelona ist näher und hat auch einen Berg am Meer.
Kapstadt hatte ich überhaupt nicht “auf dem Schirm”. Ich komme ursprünglich aus Berlin, habe in einer Unternehmensberatung gearbeitet, davor in einer Marketingfirma, davor noch mal Unternehmensberatung und davor bei einer Mineralölgesellschaft. Aber immer in Berlin. Irgendwann kam der Punkt, wo ich mich so richtig verändern wollte, beruflich wie privat. Eigentlich war der Plan war, mit meinem damaligen Partner nach Paris zu ziehen.
Aber erstens kommt es anders und zweitens als man denkt: Während des Umzugs ging die Beziehung kaputt, alle Brücken waren schon abgebrochen und ich war “vogelfrei”. Da hat mir ein Bekannter von seinem Freund in Kapstadt erzählt, der “so jemanden wie mich” in seinem Gästehaus in Camps Bay brauche. Also dachte ich mir: “gut, für zwei Monate helfe ich dort in Kapstadt und lerne die Stadt kennen”. Gesagt und getan, 2 Wochen spaeter sass ich im Flieger. Das war im März 2008.
Und seitdem bin ich hier. Mein Rückflugticket habe ich nur genutzt, um in Berlin meine Koffer zu packen und schließlich nach Kapstadt zu ziehen. Es hat sich einfach richtig hier angefühlt.
3. Und dann hast du immer im Gästehaus gearbeitet?Genau. Weil das auf Dauer nicht reichte und ich ein Visum brauchte, um zu bleiben, habe ich bei Lufthansa in der Kundenbtreuung angefangen. So hieß es eine ganze Weile morgens Rührei zubereiten und den Urlaubern von Kapstadt vorschwärmen und abends habe ich dann Tickets für Fluggäste ausgestellt. Nach einiger Zeit war dann mein neues Ziel: irgendwann meine neuen Erfahrungen auf einem Kreuzfahrtschiff anzuwenden. Da wollte ich schon immer mal hin.
4. Wohin bist du gefahren?
Das Schiff ist ohne mich los.
Ich habe es über den Berg von Camps Bay nach Tamboerskloof geschafft, denn ich habe meinen Mann kennengelernt und das hat sich richtig angefühlt. Und jetzt bin ich immer noch hier und besitze die Buchhandlung Naumann in Kapstadt.
5. Was gefällt dir an deiner Arbeit und wie inspiriert dich Kapstadt?
Ich kann mit der Buchhandlung etwas bewegen, z.B. soll es auch ein Ort zum Begegnen und Netzwerken werden. Dazu habe ich die monatliche Kinderlesung gestartet. Außerdem bin ich der einzige Laden im Zentrum, der Papeterie, Hörbücher und Spiele anbietet, nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch und Französisch.
Ich sehe die Buchhandlung als Lebenswerk, ich kann Menschen zusammenbringen, Kultur fördern, mit der DSK und der Botschaft zusammenarbeiten.
Kapstadt macht mich dabei mutig und sehr bunt. Ich bin hier sehr farbenfroh.
Ich sehe die Buchhandlung als Lebenswerk, ich kann Menschen zusammenbringen, Kultur fördern, mit der DSK und der Botschaft zusammenarbeiten. Kapstadt macht mich dabei mutig und sehr bunt. Ich bin hier sehr farbenfroh.
6. War das in Deutschland nicht so?
Durch meine Reise(n) habe ich gelernt, viel toleranter und vor allem offener dem Unbekannten zu begegnen. Ich bin hier jeden Tag aufs Neue fröhlich, flirte mit dem Leben und den Menschen – und singe und tanze durch die Straßen, wenn mir danach ist. Mir gefällt, dass hier die verschiedenen Kulturen wirklich gelebt werden. Miteinander und nebeneinander – und das vor allem friedlich. Ich habe das Gefühl, dass es in Deutschland nur diskutiert, aber nicht gemacht wird.
7. Was könnten die Deutschen deiner Meinung nach von den Südafrikanern lernen und andersherum?
Es muss nicht immer alles perfekt sein. Das habe ich gelernt und das können viele Deutsche von den Südafrikanern lernen. Die Perfektion ergibt sich auf dem Weg, man kann aber schon loslaufen. Und umgekehrt können Südafrikaner etwas mehr verbindlich sein. Das südafrikanische “Now. Now”, was alles von “jetzt” über “gleich” bis hin zu “nachher” oder “morgen” heißen kann, hat mich am Anfang ganz schön verwirrt.
8. Wenn du eine südafrikanische Delikatesse wärst, was wärst du dann? Samoosa oder doch ein Pinotage?
Ich wäre ein Steak mit Schokoladen-Chilisoße. Das Traditionelle mit etwas Neuem gemischt. Herzhaft, süss und saftig – und es steckt viel mehr dahinter. So ein fetziger Abgang – das klingt doch nach mir.
9. Und welcher Teil Kapstadts spiegelt dich wieder?
Tamboerskloof, mein Hood. Das ist ein bisschen wie Prenzlberg in Berlin. Viele Kinder, sexy, laut, viele viktorianische Häuser mit ihren Ecken und Kanten. Die Nachbarn kennen und helfen sich. Das Viertel lebt und ich kann von hier alles zu Fuß erreichen.
10. Hast du noch einen Kapstadt-Geheimtipp für unsere Leser?
Definitiv: Jeder sollte sich einen Roller mieten und ohne Navi oder Karte durch Kapstadt fahren, sich treiben lassen. Man kann sich wunderbar am Berg orientieren. Das ist ein echtes Abenteuer.
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