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Nach seinem Diplomabschluss in den 90er Jahren kam Lutz Auerswald nach Kapstadt, um seinen Doktorabschluss zu machen und Englisch zu lernen.
Heute lebt er hier und arbeitet als Meeresbiologe. Wir haben ihn über seine Arbeit am Fischerei-Institut und seiner Liebe zur Mother City befragt.
Lutz, stell dich doch bitte erst einmal für unsere Leser vor:
Ich bin Meeresbiologe. Das war mein zweiter Berufswunsch. Ich bin in der DDR aufgewachsen und mein erster war Berufswunsch war typischerweise Kosmonaut. Das war natürlich unrealistisch. Meeresbiologe zu werden war nicht sehr viel realistischer, denn pro Jahr gab es nur 17 Studienplätze, an der Uni Rostock. Hat aber geklappt. Mein Diplom war Ende ´93 in der Tasche. Wenige Tage nach meinem Abschluss war ich in Kapstadt und begann meine Doktorarbeit - an Insekten. Der Rest ist Geschichte.
Wie funktioniert deine Arbeit als Meeresbiologe in Kapstadt?
Ich arbeite in der Fischerei-Behörde im Ministerium für Landwirtschaft, Forsterei und Fischerei von Südafrika und helfe herauszufinden, wieviele Langusten jedes Jahr nachhaltig gefangen werden können. Diese Menge wird daraufhin von unserem Minister festgelegt. Im Forschungsaquarium in Sea Point untersuche ich ausserdem den Einfluss des Klimawandels, z.B. der Ozeanversauerung, auf Langusten und andere Meerestiere. Zusätzlich habe ich auf vier Fahrten mit dem deutschen Forschungsschiff Polarstern am Antarktischen Krill geforscht. Die Fahrten waren im Schnitt neun Wochen lang und ganz speziell, denn nur die Polarstern kann im Winter ins ewige Eis fahren. Höhepunkt waren Tauchcamps auf dem Eis. Sowas kennt man sonst nur aus dem Fernsehen.
Wie sieht dein typischer Tagesablauf als Meeresbiologe aus?
Wenn ich in Sea Point ins Büro komme, arbeite ich meistens mit Studenten. Die bauen ihre Anlagen selber und setzen die Forschungstiere genau den Bedingungen aus, die wahrscheinlich in Zukunft vorherrschen werden. An diesen Experimenten beteilige ich mich auch immer aktiv. Auf dieser Grundlage entstehen dann ihre Abschlüsse (Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten) und Publikationen in Fachjournalen. Natürlich dienen diese Forschungsergebnisse auch der nachhaltigen Bewirtschaftung der Fischereiresourcen. Im Moment betreue ich 5 Doktoranden der Universitäten Kapstadt und Stellenbosch. An letzter bin ich auch ausserordentlicher Professor.
Meine Experimente mit Langusten sind aufwendig, da sie viel Platz brauchen und oft gesäubert werden müssen. Zudem kann man sie nur einzeln halten, um zu vermeiden dass sie sich nach der Häutung gegenseitig auffressen, denn dann sind sie weich.
Sind das vorrangig einheimische Studenten oder kommen auch welche aus Deutschland?
Das ist gemischt. Eine Zeit lang kamen viele aus Düsseldorf nach Kapstadt, da wir mit der dortigen Uni zum Thema Ozeanversauerung kollaboriert haben. Im Moment sind alle von den umliegenden Unis. Während der Versuche müssen unsere Studenten täglich anwesend sein, um sich um die Tiere zu kümmern.
In den Medien ist Plastikverschmutzung der Meere ein sehr großes Thema. Arbeitest du neben Versauerung und Erwärmung der Meere auch daran?
Ich habe aktuell eine Studentin, die den Einfluss von Mikroplastikpartikeln auf Muscheln und Langusten untersucht.
Die ganze Plastiksache ist gerade im Fokus der Öffentlichkeit, während wenige etwas von der Versauerung mitbekommen. Selbst minimale Veränderungen im Meer haben verschiedene Auswirkungen. Und Arten, die sich nicht anpassen können, haben schlechte Karten. Wenn die Meere durch die Aufnahme von mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre saurer werden, verringert sich das verfügbare Kalziumkarbonat, das z.B.junge Muscheln für den Aufbau ihrer Kalkschalen brauchen. Das beeinflusst ihre Entwicklung und damit auch ihre Verfügbarkeit für den Menschen.
Den Langusten hingegen geht’s ziemlich gut im sauren Wasser, die können sich sehr gut anpassen.
Du beschäftigst dich intensiv mit diesen Tieren. Magst du sie noch essen?
Ja, aber man darfs nicht übertreiben. Das hört sich vielleicht komisch an für jemanden der Langusten mag, aber man überfrisst sich schnell. Ich esse sie selten, meist wenn Besuch da ist. Etwas von den Forschungstieren bleibt immer übrig - meistens der Schwanz, und da ist das ganze Fleisch drin.
Wieso liebst du eigentlich Kapstadt?
Ich war schon als Jugendlicher interessiert an dieser Region. ´92 war ich schon mal als Tourist hier, bin nur getrampt und mit Bussen gefahren. Südafrika und Namibia - die letzte Station war dann Kapstadt. Schon immer hatte ich mit dem Gedanken gespielt, hier Englisch zu lernen während ich meine Doktorarbeit mache. In der DDR hatte ich zwar Englisch-Unterricht, habe die Sprache aber nie gebraucht. Als ich dann das erste Mal hier in der Stadt war, wusste ich: Kapstadt muss es sein!
Ein deutscher Professor an der Uni hatte damals meinen Brief beantwortet, ich durfte meine Doktorarbeit schreiben und bin letztendlich hier geblieben.
Du bist schon lange hier. Was sind die größten Veränderungen in Kapstadt?
Heute ist es hier bunt gemischt. Und so viele Restaurants gab es früher auch nicht. Wenn mir früher jemand sagte: „Ich bin heute Abend in der Kneipe“, dann gab es nur wenige Möglichkeiten und man hat sich ohne genaue lokale Verabredung gefunden. Im Verlauf der Fußball WM 2010 und dann nochmal seit 2014 ist Kapstadt richtig gewachsen. Die Stadt hat sich seit den ersten demokratischen Wahlen quasi mehrfach gehäutet. Kapstadt war eigentlich ziemlich provinziell als ich hierher kam und nun will plötzlich jeder in Kapstadt sein.
Was ist dein Lieblingsort in Kapstadt?
Das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Kapstadt ist so vielfältig. Ich mag den Tafelberg, wenn keine Leute da sind. Natürlich auch immer den Blick aufs Meer. Die Kapspitze ist sehr schön, möglichst Sonntagnachmittag, wenn die ganzen Busse schon wieder weg sind.
Im Gegensatz zu vielen gefällt mir hier auch der Winter. Dann macht man mal wieder ganz andere Sachen als im Sommer, z.B Pilze sammeln im Wald. Außerdem kocht man dann auch mehr, weil es im Haus nicht von vornherein zu warm ist. Regen ist zudem mein Schneeersatz.
Möchtest du für immer hier bleiben oder planst du zurück zu gehen?
Ich arbeite hier auf jeden Fall bis zur Rente, weil ich in Deutschland nur 5 Jahre eingezahlt habe. Außerdem ist mein Job gut und gefällt mir. Was danach passiert? Ich will mich jetzt noch nicht festlegen. Deutschland ist auch meine Heimat, und ich bin gerne dort. Mein Lebensmittelpunkt ist jetzt allerdings hier in Kapstadt.
Was vermisst du in Kapstadt aus Deutschland?
Hauptsächlich Freunde und Verwandte aus Deutschland. Ich freue mich immer darüber, dass ich eigentlich ständig Besuch habe. Dann vermisse ich natürlich manche deutsche Gerichte - Thüringer Klöße zum Beispiel. Oder eine Weihnachtsgans. Deshalb bin ich in Kapstadt schon auf Ente ausgewichen.
Mit welchen drei Worten würdest du Kapstadt beschreiben?
Entspanntheit, Tafelberg und Meer.
von Nadine Janetzky
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Wenn du jetzt selbst Lust auf den Ozean und seine Lebewesen bekommen hast, lohnt sich ein Besuch im Two Oceans Aquarium. Wenn es dich eher nach Sea Point zieht haben wir hier die schönsten Cafés für dich. Oder doch lieber den Tafelberg erkunden?
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