10 Fragen an Torsten Koehler, der seine Nüsse liebt
Das Leben ist geil, findet Torsten Koehler, nachdem er seinen Hodenkrebs besiegt hat. In Kapstadt findet er Balance und macht, was ihm gefällt.
1. Wer bist du?
Ich gehe als Optimist und Genießer durch die Welt und mache was ich will. Als Gründer der „Love Your Nuts“- Stiftung im Jahr 2014 möchte ich meine Erlebnisse weitertragen und dadurch helfen. Männer machen gerne Witze unter der Gürtellinie, aber wenn es ernst wird, reden sie ungerne. Aus diesem Grund möchte ich dem entgegenwirken und durch Love Your Nuts darauf aufmerksam machen, wie man durch einfache Routinekontrollen (sein) Leben retten kann.
2. Du bist Namibia geboren, was ist dein Bezug zu Deutschland?
Ich habe eigentlich gar keinen direkten Bezug zu Deutschland, außer einen kleiner Familienkreis. Meine Vorfahren stammen aus Deutschland – väterlicherseits aus Dresden und mütterlicherseits aus „Pommern“. Namibia war eine deutsche Kolonie und ich bin, als einer in der 3. Generation, in Namibia geboren. In Othiwarongo bin ich auf der deutschen Schule gewesen. In Deutschland habe ich zwar Freunde und habe öfters zur deutschen Sommerzeit in München auf einem Campingplatz gearbeitet, nur so wirklich zieht mich nichts dort hin. Es steckt mittlerweile zu viel Südafrikanisches in mir, um von hier weg zu gehen.
3. Was hat dich nach Kapstadt verschlagen?
Ich wollte schon immer nach Kapstadt. Dafür gibt es keinen bestimmten Grund. Anfangs wollte ich hier studieren, doch nachdem eine pädagogische Hochschule in Windhuk gebaut wurde, wurden keine Lehrerstipendien für Südafrika ausgeschrieben, da sie die Hochschule in Windhuk füllen wollten. Das Stipendium habe ich also dann in Windhuk bekommen.
Während ich nach dem Studium als Bio-Lehrer in Windhuk gearbeitet habe, kam die Diagnose: Hodenkrebs! Es war eine taffe Zeit, jedoch blieb ich stark und besiegte nach 3 Jahren den Krebs. Jedoch hatte ich noch mit meiner Depression zu kämpfen.
Den Job als Biologielehrer habe ich dann aufgegeben. Mir wurde klar, dass mir Schreiben hilft, gegen die Depressionen anzukämpfen. Schließlich habe ich das Buch „Diagnose Hodenkrebs – wie die Krankheit mein Leben veränderte“ geschrieben.
Die schlimmste Woche meines Lebens war die, in der ich auf meine Diagnose warten musste, ob ich den Krebs endgültig besiegt habe. Das brachte mich auf den Gedanken, Dinge aufzuschreiben, die ich im Leben noch gemacht haben muss. So packte mich ebenfalls der Entschluss, die Welt zu bereisen und meine Liste in Angriff zu nehmen.
Erster Stopp: New York – Mit dem Hubschrauber Manhattan umfliegen! Die Depression war weggeflogen. Es kam zu der großen Wendung. Weg von der Depression und hin zur Lebenslust. Der Zweifel daran, dass ich als Person für jeden und alles auf der Welt unwichtig bin und es keinen Unterschied macht, ob ich lebe oder nicht, war auf einmal wie weggeblasen. Der Moment, als ich im Hubschrauber hoch oben über Manhattan flog, hat mir schlussendlich mein Leben zurückgegeben.
Und Leben ist geil! Ich habe bisher 46 Länder besucht und es werden garantiert noch mehr. Nach zwei Jahren Reiserei kehrte ich nach Namibia zurück. Ich habe versucht, ins Leben zurückzufinden und als Lehrer und später auch als stellvertretender Grundschulleiter an der DHPS Windhuk (Deutsche höhere Schule Windhuk) zu arbeiten. Durch die Schule und durch meine Krebsgeschichte war ich mittlerweile so bekannt wie ein bunter Hund. Das hat mich irritiert und ich wollte deshalb weg, um mit dem Krebs endgültig abschließen zu können.
Das war ein Grund für mich, nach Kapstadt zu gehen und Designer zu werden. Grafikprogramme habe ich mir selbst beigebracht. Kapstadt war somit nicht nur eine alte „Studentenliebe“, sondern auch ein Zufluchtsort, um neu anzufangen.
4. Und dann hast du trotzdem entschieden, dich in Kapstadt bekannt zu machen und „Love your Nuts“ zu gründen? Was hat dich denn dazu motiviert?
Einer meiner damaligen Schüler aus Namibia wollte mich sprechen. Er kam mit einer Geschichte, die mich überrumpelt hatte. Als Biologielehrer habe ich damals nach meinem Krebs bewusst Hodenkrebs und auch Brustkrebs einmal im Jahr im Unterricht durchgenommen. Aus diesem Grund hat der damals 16 jährige Schüler frühzeitig seinen Hodenkrebs entdeckt und konnte ihn noch im Frühstadium besiegen.
In diesem Moment dachte ich: Ich habe ein Leben gerettet. Nur allein dadurch, dass ich darüber gesprochen habe. Ich entschied mich dazu, weitere Leben durch meine Stiftung zu retten. Klar, ich werde dadurch vielleicht bekannt in Kapstadt. Jetzt irritiert mich mein Bekanntheitsgrad ganz und gar nicht, ich stehe voll dahinter und kann offen über meine Geschichte sprechen.
5. Was für verschiedene Projekte verfolgst du und was hat es mit der Nuts&Bolt Ralley auf sich?
Die „Nuts & Bolt Ralley“ wird von Hobby Mechanikern organisiert und hat den Hintergrund, dass nur alte und wertlose Autos, die natürlich restauriert werden, an dem Rennen teilnehmen dürfen. Es geht einmal von Kapstadt in die Karoo und wieder zurück. Dank dieser Ralley konnten für Love Your Nuts viele Spenden generiert werden.
Ich möchte in Zukunft auch intensiver Schulen besuchen, um Kinder, insbesondere Jungs über Hodenkrebs aufzuklären. Ein weiteres Projekt, das ich auch stark verfolge ist, den Lehrplan in Schulen um eine weitere Einheit zu erweitern. Ich möchte Schüler über alltägliche Gesundheitsrisiken aufklären. Die Umsetzung ist jedoch auf viele Sponsoren angewiesen. Aber zurzeit bin ich zuversichtlich, dass ich dieses Projekt umsetzten werde. Love Your Nuts ist noch eine ziemlich junge Stiftung, die ich erst 2014 gegründet habe. Sie ist Teil der „People Living With Cancer – Organisation“. Genauer gesagt, am 23. August 2014 bin ich mit der Webseite Online gegangen.
Dieser Tag ist nicht nur wichtig für Love Your Nuts, sondern spiegelt auch meinen zweiten Geburtstag wieder, da ich seitdem sicher sein konnte, dass ich den Krebs besiegen werde. Der Arzt versicherte mir, dass die Chance, dass ich an dem Krebs sterbe, sehr gering ist. Das war im Jahr 1995. Es stehen also noch zahlreiche Ideen im Raum, die ich in Zukunft versuche umzusetzen.
6. Daneben arbeitest du auch in der Deutschen Schule Kapstadt?
Da ich schon immer an der Fotografie und dem Design fasziniert war, war Photoshop meine erste Herausforderung. Nun arbeite ich an der Deutschen Internationalen Schule Kapstadt und versuche halbtags das Design des Onlineauftritts auf Vordermann zu halten und zu erweitern. Mein zukünftiges Ziel ist es jedoch, meine Kraft voll und ganz in Love Your Nuts zu stecken.
7. Was könnten deiner Meinung nach die Kapstädter von den Deutschen lernen und anders herum?
Die Deutschen müssen in ihrem Wesen einfach entspannter werden und nicht alles ganz so ernst nehmen. Da kommt ein Zug mal drei Minuten zu spät und die Welt geht unter.
In Südafrika kann man von Glück sprechen, wenn der Zug überhaupt kommt. Auf der anderen Seite kann es manchmal schon ziemlich anstrengend sein, auf jeden und alles zu warten. Wenn es um wichtige Dinge geht, wie medizinische Versorgung, muss man hier mit langen Wartezeiten rechnen. Das ist jedenfalls eine Sache, die ich bemängeln kann. Wie sagt man so schön: Europa hat die Uhr, Afrika die Zeit.
8. Wo ist es für dich am schönsten in Kapstadt?
Definitiv der Lions Head. Nirgendwo auf der Welt kann man in einem Nationalpark joggen, wandern oder klettern und gleichzeitig eine so wunderschöne Stadt bestaunen. Der Lions Head hat daneben eine besondere Bedeutung für mich, weil ich dort meinen Kampf gegen die Pfunde gewonnen hab. Es gab eine Zeit lang nichts anderes mehr für mich, als Fitnessstudiogänge und Lions Head Wanderungen.
Ich bin so unglaublich fit geworden. Ich beschloss, mich für den Kapstadt Marathon (42km) und den Two Oceans Marathon (56km) anzumelden. Das nächste Ziel war der 89 Kilometer lange Comrades Marathon, den ich dann sogar in 11 Stunden und 13 Minuten hinter mich gebracht habe. Wenn man sich Ziele im Leben setzt, gibt es dir einen Sinn und macht dir mehr Spaß, so lange es das ist was dir gefällt. So war der 12 Stunden Marathon fast ein Kinderspiel. Von 0 auf 100 in vier Jahren. Das hab ich alles dem Lions Head und einem Freund zu verdanken.
9. Welcher Teil Kapstadts spiegelt dich wieder?
Der Stadtteil Oranjezicht spiegelt mich wieder. Nicht nur, weil ich selbst dort wohne, sondern auch weil ich hier die Balance in meinem Leben finden kann. Einerseits sieht man von dem Berg aus die riesige, hektische Stadt. Andererseits fühlt man die Ruhe in diesem Viertel, insbesondere durch die großen, alten Fichtenbäume. Man(n) muss in Balance bleiben um mit den verschiedenen Situationen im Leben umgehen zu können.
10. Geheimtipp für unsere Leser in Kapstadt?
Da muss ich auf jeden Fall auf das Essen zurückgreifen. Das Beluga, ein nettes Fischrestaurant nahe der Waterfront, hat die leckerste Nachspeise überhaupt: Chocolate Truffle Cake. Wenn du in den belgischen Schokoladenkuchen hineinstichst, fließt die flüssige Schokolade im inneren hinaus. Lecker!
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