Das kitschfreie China-Restaurant der Long Street
60 Stunden bis ins Paradies
Christin Zacke schreibt über ihre Reise nach Sansibar
Nach der beeindruckenden 60-stündigen Zugfahrt quer durch Sambia und Tansania hatten wir in Dar es Salaam endlich wieder festen Boden unter den Füßen. Diese Stadt strotzt nur so vor Leben und Trubel - ein Verkehrschaos während der Hauptverkehrszeiten sollte man fest einplanen.
Es gibt zwei Möglichkeiten sich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fortzubewegen: per Tuk Tuk (motorisierte, fahrradähnliche Fortbewegungsmittel mit einer überdachten Sitzfläche für zwei Personen) oder mit dem Dala Dala (Minibus). Die Minibusstationen gleichen aber eher einem heillosen Chaos. Sich hier zurechtzufinden ist nicht einfach – zum Glück sind die meisten Tansanier aber sehr nett und hilfsbereit. Ein Grundwortschatz in Swahili ist dabei äußerst vorteilhaft, da Englisch dort nicht sonderlich verbreitet ist.
Als ich mich dann endlich zu dem großen internationalen Busbahnhof durchgekämpft hatte, erwartete mich ein völliges Durcheinander. Man sollte vorher immer genau wissen, mit welchem Bus man wo hin will. Mich sollte die Reise nach Nordwesttansania führen um den Kilimanjaro zu bestaunen und eine Safari in einem der berühmten Nationalparks zu erleben. Anstatt in dem von allen Seiten empfohlenen Dar Express landete ich schließlich in einem völlig überfüllten und technisch denkwürdig ausschauendem lokalen Bus. Nun hieß es weitere 10 Stunden auf engstem Raum bis nach Arusha ausharren.
Anfangs kam ich mir als einzige Touristin etwas komisch und beobachtet vor, doch die Fahrt wandelte sich in eine recht nette Erfahrung. Meine Banknachbarn und ich, begannen schließlich, uns mit Händen und Füßen zu verständigen, ich bekam ein paar weitere Grundwörter in Swahili beigebracht, musste für unzählige Fotos herhalten und konnte die Einheimischen recht gut mit ein paar Fotos, die ich noch vom vergangenen deutschen Winter auf meiner Speicherkarte hatte, amüsieren. Besonders interessant fanden meine Mitfahrer die Schneemassen, die Deutschland im letzten Winter heimsuchten.
Dank zwei kleiner Pannen wurden aus den 10 Stunden letztendlich 12 Stunden Busfahrt. Doch es war so interessant die Landschaften, kleinen Dörfer und nicht zuletzt den Kilimanjaro zu betrachten, dass die Zeit wie im Flug verging. Besonders „romantisch“ wurde die Atmosphäre nach Sonnenuntergang, wenn die Menschen ihre Lehmhütten mit Kerzen beleuchteten und zusammen am Lagerfeuer saßen. Ich weiß allerdings nicht ob sie das taten, weil sie tatsächlich keinen Strom hatten, oder ob es nur an dem von der Regierung angeordneten Power-Cut lag, der Tansania täglich heimsucht. Strom ist vor allem in Tansanias Norden tatsächlich Mangelware und wenn überhaupt, dann über Nacht für wenige Stunden verfügbar.
Der Ort Arusha dient vor allem als Ausgangspunkt für Safaris in den Ngorongoro-Krater, die Serengeti oder den Tarangire-Nationalpark. Letzteren habe ich aufgesucht und war allein schon von der Anfahrt zutiefst beeindruckt. Vorbei an den unglaublich geschichtsträchtig aussehenden Maasai mit ihren Schaf- und Ziegenherden, Menschen, die an Wasserlöchern ihre Wäsche wuschen oder Gefäße, die sie auf dem Kopf balancierten, mit Wasser füllten. Dabei setzen sich die bunten und leuchtkräftigen Farben der Gewänder der Menschen von der vorrangig steppenähnlichen und kargen Landschaft ab. Besonders beeindruckt hat mich in Arusha der riesige Markt mit frischen Früchten, Fisch, Fleisch - eigentlich allem, was das Herz begehrt. Ansonsten ist die Stadt weniger attraktiv, die Luft ist aufgrund der Abgase stark verschmutzt und manche “Straßen“ sind mit einem herkömmlichen Pkw gar nicht erst befahrbar.
Auf ins Paradies!
Zurück in Dar es Salaam nahm ich eine der unzähligen Fähren, die die Menschen nach Sansibar bringt. Auch hier sollte man möglichst genau wissen, welcher Gesellschaft man sein Vertrauen schenkt. Die Fahrtzeit variiert je nach Anbieter zwischen zwei und sechs Stunden.
Angekommen in Stonetown, braucht man zunächst starke Nerven, da man, sobald man den Hafen verlässt, umgehend von Taxifahrern und Männern die mit den unzähligen Hotels zusammenarbeiten, regelrecht belagert wird. Stonetown an sich ist dafür aber ein wunderschönes Städtchen mit vielen kleinen irreführenden Gassen und reizenden Gebäuden. Frauen sitzen Brotbackend vor ihren Häusern und ein Duft frisch gebratener Maiskolben zieht durch die gesamte Stadt.
Die sansibarische Küche stellte sich als eine wahre Gaumenfreude heraus. Besonders genossen habe ich den Gewürzreis zu dem meist Gemüse oder Kochbananen gereicht werden. Für nur wenige Rand bekommt man außerdem in den Restaurants ein vollwertiges Gericht. Ein wahres Highlight in Stonetown ist vor allem der Foradhani-Gardens – ein Nachtmarkt auf dem ab 18 Uhr mehrere Dutzend Köche verschiedene lokale Köstlichkeiten zubereiten. Begeistert war ich von dem frisch gepressten Zuckerrohrsaft mit Ingwer und Limetten (zwei Rand/Glas, das sind circa 20 Cent). Aber auch auf dem Tagesmarkt sowie an den Straßen kann man sich mit allerlei frischen Lebensmitteln eindecken. Besonders verbreitet sind Bananen, Mangos und Kokosnüsse. Letztere kann man sich an den traumhaften, palmenumsäumten Stränden übrigens auch frisch gepflückt servieren lassen.
Da Sansibar die Insel der Gewürze ist, sollte man eine Gewürztour auf keinen Fall verpassen. Es bietet sich an, sämtliche Touren von Stonetown aus zu buchen, dort sind sie zumeist bedeutend günstiger.
Mit den Dala Dalas (öffentliche Minibusse) kommt man eigentlich in jedes noch so abgelegene Dörfchen auf der Insel. Man sollte allerdings ausreichend Zeit einplanen und nicht gerade von Platzangst geplagt sein.
Auf Sansibar traf ich schließlich eine Freundin – zusammen wollten wir die Insel erkunden. Da wir uns nicht für einen Standort entscheiden konnten, wählten wir vier Orte, an denen wir jeweils drei bis vier Tage verbrachten. Wir starteten unsere kleine Rundreise in Jambiani – ein winziges Dörfchen an der Ostküste Sansibars. Der Strand hier ist perfekt zum Entspannen, wir waren mitunter die einzigen Urlauber. Die Dorfbewohner sind alle sehr freundlich und im Dorf selbst gab es sogar zwei kleine Kioske. Während der starken Ebbe am Tag kann man Mehrere hundert Meter auf das Wasser hinzulaufen und die Seegrasplantagen, an denen die mit farbenfrohen Stoffen gekleideten Frauen arbeiten, betrachten.
Türkisfarbenes Wasser und weißer, endloser Strand
Paje- wenige Kilometer nördlich von Jambiani – ist mit seinen Wassersportangeboten schon bedeutend belebter. An verschiedenen Strandbars kann man die Sonne genießen und die Kitesurfer beobachten, die mit ihren bunten Drachen das türkisfarbene Wasser bevölkern.
Das nördlichste Dorf – Nungwi – ist im Gegensatz zur Ostküste schon tourismusorientierter. Hier befinden sich einige größere Hotelkomplexe und die „Beach Boys“, die Touren, Obst und allerlei Urlaubsmitbringsel an den Mann/die Frau bringen wollen, verhalten sich besonders aufdringlich. Der Strand und das Meer sind allerdings auch atemberaubend schön und man kann sogar den ganzen Tag über schwimmen, da sich Ebbe und Flut nicht so drastisch auswirken. Am meisten beeindruckt hat mich jedoch der Strand in Kendwa – türkisfarbenes Wasser und ein weißer endloser Sandstrand. Einige wenige Gästehäuser haben sich an diesem Strandabschnitt angesiedelt, darunter auch Kendwa Rocks, das für seine sagenumwobenen „Full-Moon-Partys“ berühmt ist. In dieser Anlage ist es dringend zu empfehlen ein Zimmer zu reservieren, während es in den anderen Regionen Sansibars eigentlich kein Problem darstellt, eine Unterkunft zu finden.
Sansibar ist ein einziges Paradies – sei es kulinarisch, landschaftlich oder kulturell – ich jedenfalls habe jeden Tag genossen. Die Menschen in Tansania strahlen eine unglaubliche Lebensfreude aus – auch wenn sie ihr Leben größtenteils mit den einfachsten Mitteln meistern müssen. Besonders auffällig ist das Ineinanderwirken von Tradition und Moderne. Ein Handy hat hier beinahe jeder – das wirkt besonders skurril, wenn die Menschen in traditionellen Gewändern vor ihren Lehmhütten sitzen oder mit ihren Herden umherziehen und dabei telefonieren.
von Christin Zacke